Autor Thema: Alpinski(pläne) in Friedrichsbrunn 1970-2002  (Gelesen 7647 mal)

Harzwinter

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Alpinski(pläne) in Friedrichsbrunn 1970-2002
« am: November 29, 2011, 04:24:36 Nachmittag »
Wer heute als Winterbesucher nach Friedrichsbrunn auf der Ostharzer Hochebene kommt, hat dort neben dem Besuch des jährlichen Schlittenhunderennens die Möglichkeit zum Skilanglauf, zum Rodeln und zum Winterwandern. Schon fast wieder vergessen ist, dass Friedrichsbrunn jahrelang Ambitionen hatte, in kleinem Rahmen Alpinskibetrieb anzubieten. Das Archiv der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) gewährt Einblick ins Geschehen.

Schon zu DDR-Zeiten wurde in den 1970er Jahren an einem 470m langen Hang hinter der Klobenbergbaude am westlichen Ortsrand die Abfahrtsschneise ausgeschlagen und ein Skilift gebaut. Bilder vom Lift gibt es leider nicht - es wird wohl DDR-typisch ein Nussknackerlift gewesen sein. Bereits in den Jahren kurz nach dem Liftbau gab es Probleme mit der Liftbetriebsorganisation. Infolge derer lief der Skilift gerade mal über zwei Winter und stand ansonsten jahrelang ungenutzt im Wald.

Erst nach der deutschen Wiedervereinigung erfuhren die Friedrichsbrunner Alpinskipläne ihre Fortsetzung. 1996 wurde auf Initiative des Friedrichsbrunner Kurdirektors ein gebrauchter Seillift auf der Skiwiese hinter dem Hotel Brockenblick aufgestellt, der dort nur wenige Jahre betrieben wurde. Fürs Folgejahr wurde erwogen, den o.g. Skihang an der Klobenbergbaude zu reaktivieren und mit einem gebrauchten "richtigen" Schlepplift zu versehen. Und tatsächlich konkretisierten sich 1997 die Planungen. Sowohl ein Schlepplift mit Schneekanone als auch eine Sommerrodelbahn sollten an der Klobenbergbaude entstehen. Man ging von 95 (!) Schneetagen in Friedrichsbrunn aus. Pistenraupe und Schneekanone waren 1996 bereits im Testeinsatz gewesen. Im Sommer 1998 wurde für 12.000 DM ein Gebrauchtskilift aus dem Schwarzwald erworben. Den Betrieb sollten lokale Gastronomen übernehmen. 1999 wurde die alte Liftanlage aus DDR-Zeiten an der Klobenbergbaude demontiert. Der Gebrauchtlift aus dem Schwarzwald sollte technisch für seinen neuen Einsatz vorbereitet werden.

Von 2000 bis 2001 wird nicht weiter über die Verfolgung der Planungen berichtet. Im Sommer 2002 wurde vom Tourismusverein das offizielle Aus für die Friedrichsbrunner Skipläne verkündet. Die Betreiberfrage konnte nicht geklärt werden, und nachdem der Wiegand-Clan bereits in Thale eine Sommerrodelbahn gebaut hatte, war eine solche Anlage in Friedrichsbrunn überflüssig und das Konzept für den Sommerbetrieb somit geplatzt. Die Schleppliftteile rosteten 4 Jahre lang hinterm Kurhaus vor sich hin, bevor sie 2002 für 700 Euro Vergütung in den Schrott gingen.

Nach den insgesamt drei gescheiterten Ansätzen wurden die Alpinskipläne in Friedrichsbrunn nicht weiter verfolgt. Vom Friedrichsbrunner Seillift auf der Skiwiese hinterm Hotel Brockenblick waren bereits 2001 keine Spuren mehr vorhanden. Ob Skihang und Liftschneise an der Klobenbergbaude heute noch auszumachen sind, ist mir nicht bekannt. 

Quellen:
Lift soll amSamstag laufen Toni Bieringer Kurse beginnen noch in diesem Jahr - mz-web.de 4.12.1996
Schneise durch den Harzer Wald Friedrichsbrunn will alpinen Skihang mit Schlepplift und Sommerrodelbahn anlegen - mz-web.de 24.5.1997
Friedrichsbrunn will Skilift kaufen - mz-web.de 9.7.1998
Wintersportprojekt beginnt mit dem Abriß des alten Skilifts - mz-web.de 22.2.1999
Ein Skilift zum Schrottpreis - mz-web.de 20.7.2002

Harzwinter

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Re:Alpinski(pläne) in Friedrichsbrunn 1970-2002
« Antwort #1 am: November 30, 2011, 11:19:09 Vormittag »
Das hier ist die Skiwiese hinterm Hotel Brockenblick in Friedrichsbrunn, auf der ab 1996 für wenige Jahre ein Seillift stand (vermutlich rechts am Wald). Nicht eben eine große Alpinski-Erfüllung ...


Harzwinter

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Re:Alpinski(pläne) in Friedrichsbrunn 1970-2002
« Antwort #2 am: November 30, 2011, 12:13:14 Nachmittag »
Und hier in der Übersicht die vermutete Lage des ehemaligen Skihangs an der Klobenbergbaude. Jedenfalls ist das der einzige Bereich in der Nähe der Klobenbergbaude, der "von oben" nach Skihang aussieht. Bildquelle: Google Earth

playjam

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Re:Alpinski(pläne) in Friedrichsbrunn 1970-2002
« Antwort #3 am: November 30, 2011, 08:41:07 Nachmittag »
Schade um die verpassten Chancen.  :(

Das die Entscheider den Skilift lieber für lächerliche 700 EUR verschrotteten, als z.B. dem Skiclub Wernigerode zu schenken, ist für mich völlig unverständlich.

Harzwinter

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Re:Alpinski(pläne) in Friedrichsbrunn 1970-2002
« Antwort #4 am: November 30, 2011, 10:28:10 Nachmittag »
Ich gehe davon aus, dass man seinerzeit die möglichen Skibetriebstage in Friedrichsbrunn mächtig schöngerechnet hat. Wer Niederschlagsdiagramme von West- und Ostharz vergleicht, sieht, dass der Westharz den meisten Niederschlag abfängt und im Ostharz höchstens noch die Hälfte herunterkommt. Da hilft dann auch die Höhenlage von Friedrichsbrunn nichts.

Leider ist nicht überliefert, was für eine Schleppliftanlage (Hersteller) aus dem Schwarzwald gekauft wurde. Einen Doppelmayr-Lift hätte man in Wernigerode sicherlich an den Mann bringen können, denn dafür ist die Ersatzteillage einigermaßen gesichert. Im Schwarzwald liefen (und laufen) aber auch Schleppliftanlagen der Hersteller Heuss, PHB und WSO. Auch wenn die Qualität der genannten drei Hersteller recht gut war, so existieren sie leider allesamt nicht mehr. Der Skiclub Wernigerode hätte sich mit einer Anlage dieser Hersteller bloß ein neues Ersatzteilproblem eingehandelt. Die alte Eigenbauanlage im Zwölfmorgental und ihre Böckchen kennt man dort wenigstens in- und auswendig.