Autor Thema: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...  (Gelesen 53763 mal)

Harzwinter

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #60 am: Januar 27, 2013, 11:14:40 Vormittag »
"Skifahren ohne Ende": ZDF-Doku über Beschneiung und Klimawandel am Sonntag 27.1.2013 um 13:30 im TV:
http://www.heute.de/Wie-Schneekanonen-den-Klimawandel-bef%C3%B6rdern-26324280.html?tabNo=0

XXLRay

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #61 am: Januar 27, 2013, 12:30:13 Nachmittag »
Wenn ich die Inhaltsangabe richtig gelesen habe, geht es da ja aber eher um Extrembeschneidung in den Alpen, die im Harz doch niemand ernsthaft will, oder?

playjam

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #62 am: Januar 27, 2013, 01:30:02 Nachmittag »
Aus dem Intro-Video:
Zitat
[Schneekanone im Grossformat] Sie laufen im Dauereinsatz von Oktober bis April und sorgen für den Wintertraum [...] Ein Teufelskreis!

Diese sehr vereinfachende Art der Berichtserstattung ist nicht ganz mein Fall.

Z.B. im Text:
Zitat
[...]
Naturnaher Winterurlaub

Bis zur letzten Stunde - das kann schon mal ein halbes Jahr Skisaison bedeuten. Der Preis dafür ist hoch. Viel Geld investiert Falkner in modernste Liftanlagen und Infrastruktur, die benötigt wird, um die Pisten für die Gäste jederzeit in perfektem Zustand zu halten. Sölden setzt auf den Winter. Rund 1,8 Millionen Gäste kommen in einer Wintersaison, nur ein Bruchteil davon im Sommer.

Das nur 20 Kilometer entfernte Bergdorf Vent verfolgt ein ganz anderes Modell. Die Gemeinde verfügt nur über drei alte Schlepplifte. Obwohl die umliegenden Berge großes Potenzial für neue Pisten bieten, hat man sich bewusst gegen einen Ausbau des Skigebietes entschieden. Im Gegensatz zu Sölden setzt der Ort auf Winter- und Sommertourismus, und kann so von zwei Saisons pro Jahr profitieren.
[...]

Machen wir eine ähnlich tendenziöse Gegenrechnung:

Beispiel Sölden:
Kosten für Kunstschnee pro Saison 4000000 Euro (aus dem Video).
Bei ca. 5 Euro pro m³ Kunstschnee: 800000 m³ Kunstschnee.
Bei ca. 3 kWh/m³ (Propellerkanone): 2400000 kWh

"Sanftes" Tourismusbeispiel Vent:
900 Gästebetten (Quelle Wiki)
Zusätzliche Belastung durch sanften Ganzjahrestourismus (d.h. Gäste auch vom April bis November): 240 Tage x 900 Gästebetten: 216000 Übernachtungen
Bei 17,2 kWh pro Gast und Übernachtung (Quelle Mövenpick): 3715200 kWh

Horror!!!  :o  Der kleine Ort Vent verbraucht bis zu 200% mehr Energie, fast 4 Millionen Kilowattstunden mehr für den Ganzjahrestourismus, als eines der größten Wintersportorte in Österreich zur Sicherung der Pistenqualität. Jetzt schnell noch einen Bergsteiger beim Zertreten von Vogeleiern filmen und dann stimmt die Doku.  ;)


Harzwinter

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #64 am: Januar 29, 2013, 10:27:37 Vormittag »
Da ich zum Sendezeitpunkt leider Ski fahren musste, bin ich erst verspätet dazu gekommen, mir die Doku anzuschauen. Zunächst bin ich ein wenig irritiert, dass man den Fernsehzuschauer nicht im Vorfeld informiert, dass das ganz offensichtlich ein von der Umweltschutzorganisation Mountain Wilderness bezahlter PR-Film ist. Ansonsten stehe ich dem Inhalt gespalten gegenüber. Wie so oft bei diesem Thema polarisiert der Film und geht aus meiner Sicht teilweise von für mich nicht nachvollziehbaren Ansichten aus. Den Hauptakteur hat man mit einem asketisch wirkenden Charakter PR-wirksam gut besetzt.

Gut finde ich, dass mit dem Finger auf den aktuellen Tiroler Ausbau-Gigantismus gezeigt wird. Vollbeschneiung, Industrieanlagen und riesige Speicherteiche auf dem Berg, Lkw-Trassen auf Gletschern, Beschneiung von Gletschern (!), Vorziehen der Skisaison in den November - das finde auch ich unangebracht und gänzlich unethisch. Der Film nennt nicht, dass erst die lasche Tiroler und Österreichische Gesetzgebung und eingespielte Seilschaften von Tourismusindustrie und Politik das ermöglichen. In der Schweiz gibt es das in diesem Ausmaß nicht.

Der Film nennt nicht, dass Beschneiung in vielen anderen Skigebieten bewusst reduzierter eingesetzt wird, nämlich nur zur Sicherstellung des Grundbetriebs, z.B. auf der Hauptabfahrt oder an kritischen Stellen. Der Großteil der Alpenskigebiete hat nicht vor, einen Ausbaustand der Skiindustrie oder Umsatz- und Übernachtungszahlen wie Sölden zu erreichen oder den Sommer- durch reinen Wintertourismus zu ersetzen. Der Film nennt auch nicht, dass andererseits die Beschneiungstechnologie kompletten Regionen erst ermöglicht hat, ihren Winterbetrieb vor dem Absturz zu retten, wie zum Beispiel den unter chronischem Schneemangel leidenden Dolomiten, und dass dort trotz Beschneiung garantiert nicht der eben so wichtige Sommertourismus abgebaut wird.

Der Film suggeriert die Vorstellung, Klima sei normalerweise stabil, die Alpen konstant vergletschert, und hauptsächlich energieintensive Technologien wie Beschneiung bewirkten, dass die Gletscher nun schmelzen. Es wird nicht erwähnt, dass die Alpengletscher u.a. in der Antike und im Mittelalter ganz ohne menschliches Zutun auf Minimalstand abgetaut waren. Das ermöglichte den frühen Feldherren die Alpenüberquerung und den Besiedlern der Alpentäler Weidewirtschaft bis in Höchstregionen. Selbst Hangrutsche und Bergstürze werden von Mountain Wilderness der durch den Menschen erzeugten Klimaerwärmung zugeschrieben. Fragt sich, welche Vorstellung Mountain Wilderness davon hat, wie ein Gebirge wie die Alpen denn sonst über Jahrmillionen abgetragen worden sein soll ...

Dass Mountain Wilderness ausgerechnet das oberbayerische Oberaudorf als gutes Beispiel für den Skigebietsausbau anführt, lässt mich schmunzeln. Das Oberaudorfer Skigebiet Hocheck liegt komplett unterhalb 1000 m und beschneit und beleuchtet auf Teufel komm raus bis hinunter ins Unterinntal auf eine Höhe von nur 500 m (!) - eine Höhenlage, auf der andere oberbayerische Skigebiete längst kapituliert haben.

manitou

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #65 am: Januar 29, 2013, 11:58:01 Vormittag »
Da ich zum Sendezeitpunkt leider Ski fahren musste, bin ich erst verspätet dazu gekommen, mir die Doku anzuschauen.

Du Aaaarmer, es ist schon ein hartes Los für einen Skifan, wenn man wegen derart widriger Umstände eine solch hochinteressante Sendung verpasst! Mein vollstes Mitgefühl sei Dir versichert... ;D

Ansonsten sehe ich das ziemlich ähnlich wie Du. Es ist eine Unverschämtheit geschickt zu suggierieren, dass Beschneiung den Klimawandel vorantreibt und für Bergerosionen...etc. verantwortlich ist - vor allem wenn diese weitab der Pisten passieren. Unser Sternengucker hat jetzt aber sicherlich ne neue Lieblingssendung... 


Da ich nicht in Sölden Skifahre, wusste ich gar nicht, dass man dort auch den Gletscher beschneit und das auch noch als Maßnahme gegen die Gletscherschmelze verkauft. Als Philosoph komme ich zu dem Schluss, dass man das durchaus so sehen kann - es kommt auf den Betrachtungsstandpunkt an - die Beschneiung ist zumindest kurzfristig auf jeden Fall effizienter als der klägliche Versuch einer Planenabdeckung wie an der Zugspitze.

Nur "ein wenig nachdenklich" bin ich jedoch, ob die in Sölden mit der Beschneiung wirklich primär dem Gletscherrückgang entgegenwirken wollen - oder aber der sommerlichen Vereisung der Pisten?!
Hmm... würde ich auch Beschneiung an Gletschern vorfinden, auf denen kein Skibetrieb stattfindet, dann könnten die mich doch tatsächlich davon überzeugen, dass Beschneiung eine sinnvolle Gletscherrettungsmaßnahme ist!  ;)


kdomfuesys

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #66 am: Februar 06, 2013, 12:28:43 Nachmittag »
Sehr interessanter Artikel auf Spiegel-Online, den ich nicht vorenthalten möchte:

"Klimawandel: Forscher rätseln über Stillstand bei Erderwärmung"

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/stillstand-der-temperatur-erklaerungen-fuer-pause-der-klimaerwaermung-a-877941.html


Harzwinter

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Re: Kritik: Auswirkungen von Klimawandel u. künstl. Beschneiung auf Wurmberg ...
« Antwort #67 am: Februar 21, 2013, 01:53:29 Nachmittag »
Noch ein Artikel, der endlich mal multiple Einflussfaktoren aufs Klimageschehen benennt und den tatsächlichen Status Quo offenlegt: http://www.wetteronline.de/wotexte/redaktion/klimawandel/2013/02/0221_kl_Globale-Erwaermung-stagniert.htm