Ja, den NP Nordschwarzwald habe ich in 50 km Entfernung vor die Tür gesetzt bekommen.
(Ich lebe ja seit ein paar Jahren nicht mehr in Norddeutschland, sondern im Raum Karlsruhe.) Er konnte entstehen, weil mehrere Faktoren zusammenkamen:
1. Die Baden-Württembergischen Wähler haben wegen Fukushima in Japan (und nicht wegen hiesiger Umweltprobleme) 2011 zu 24,2% Grün gewählt, ein situativ motiviertes Plus von 12,5 Prozentpunkten. Die Gründung des ersten NP in Baden-Württemberg wurde durch die Grün-Rote Landesregierung massiver gefördert als durch ihre Vorgänger.
2. Der Widerstand gegen einen Nationalpark im Schwarzwald war schwach und dezentral organisiert. Er beschränkte sich in der öffentlichen Wahrnehmung auf eine Website ohne Mitmachmöglichkeit (wie z.B. ein Forum) und auf in Windeseile verblassende Autoaufkleber. Die Initiative gegen den NP Nordschwarzwald wurde vorwiegend zum Sprachrohr der betroffenen Waldbesitzer und Sägewerksbetreiber. Damit konnten sich andere Interessengruppen nicht identifizieren und beteiligten sich kaum.
3. Der Nordschwarzwald ist im Gegensatz zum mittleren und südlichen Schwarzwald eine eher dünn besiedelte Region ohne starke kulturelle Identität. Nordbaden ähnelt kulturell eher dem Südhessischen. Schwarzwaldhäuser, Kuckucksuhren und Bollenhüte gibt's hier nicht; die bekannte Schwarzwaldkultur und die offenen Schwarzwaldlandschaften mit den schönen, großen Höfen kommen erst weiter südlich. Der Nordschwarzwald ist - ähnlich dem Harz - von weitflächigen Fichtenforsten geprägt, was sicherlich zur Standortwahl des NP beigetragen hat. Natürlich gibt es ein dichtes Wanderwegenetz, aber der Nordschwarzwald ist nur in kleinen Teilen landschaftlich interessant und gut besucht. Andere Teile sind dagegen durchaus langweilig und werden schwach begangen. Ich persönlich wandere im Bereich des NP Nordschwarzwald nicht besonders gern, weil der Motorradlärm von der Schwarzwaldhochstraße weithin zu hören ist und das Erlebnis beeinträchtigt.
4. Der NP Nordschwarzwald wurde - im Gegensatz zum NP Harz - größtenteils um Konfliktpotenzialbereiche herumgeplant und umfasst auch keine Ortsrandbereiche. Er umfasst rund 100 km² und damit nur 40% der Fläche des NP Harz. Alle Alpinskiflächen sind bis auf einen kurzen, abgelegenen Skihang mit hoher Schließungswahrscheinlichkeit "exterritorial" geblieben, und die NP-Grenze lässt sogar ein sporadisch diskutiertes Alpinski-Erweiterungsprojekt in der Nähe der Hornisgrinde zu. Letztere, den höchsten Berg des Nordschwarzwalds, hat man übrigens trotz einer einmaligen Hochmoorfläche nicht in den NP aufgenommen - keine Ahnung, warum.
Alles in allem wird der Nationalpark Nordschwarzwald also bei weitem nicht so große Konflikte erzeugen wie der Nationalpark Harz. Irgendwann werden dort die Gehirngewaschenen das Zepter übernehmen und ein paar Wanderwege und Loipen schließen und private Waldhütten abreißen. Aber die Auswirkungen solcher Aktionen werden nicht so groß sein wie im Harz. Natürlich wird der Borkenkäfer ein Festmahl abhalten und eine verwüstete Landschaft hinterlassen wie im Bayerischen Wald - erst das wird Landespolitiker und Wähler wieder wachrütteln.