Autor Thema: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?  (Gelesen 77403 mal)

Beobachter

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #45 am: Januar 18, 2014, 07:48:14 Nachmittag »
Ich möchte hier auf einige Beiträge eingehen, die in den letzten Tagen in Bezug  auf  Beiträge von mir geschrieben wurden .
Ich hatte die Vorbildrolle des Sauerlandes in Zweifel gezogen mit den Worten :
Zitat
Das Sauerland wird ja hier immer als Vorbild genannt,aber da sollte man mal abwarten.Ich würde einiges darauf wetten,dass die riesengrosse Skiparty noch nicht annähernd abbezahlt ist.Sollte der Winter so schlecht bleiben wie z.Zt. wird das nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Darauf antwortete Nordisch :
Zitat
Und es gibt Annahmen, wie Du sie auch in den Raum gestellt hast, die nur Spekulation sind. Z.B. in Deinem letzten Post "Das Sauerland wird ja hier immer als Vorbild genannt,aber da sollte man mal abwarten.Ich würde einiges darauf wetten,dass die riesengrosse Skiparty noch nicht annähernd abbezahlt ist."   

sowie:
 
Zitat
Da fehlen einfach die Fakten
                                                             
Ich habe tatsächlich keine Fakten genannt, das will ich nun nachholen.

Lt. Wikipedia wurde zw. 2001 und 2012 ca. 75 Mio E in die Skigebiete investiert.  Innerhalb dieser elf Jahre wurde kontinuierlich Geld in den Ausbau gesteckt.
Das bedeutet, dass auch kontinuierlich Kredite aufgenommen wurden, deren Rückzahlung sicherlich noch nicht komplett erfolgt ist. Das alles aus Eigenmitteln finanziert wurde ist ja kaum anzunehmen. Aufgrund der ständigen Neuinvestitionen und dem mit den Erweiterungen verbundenem Anstieg der Betriebskosten ist nicht anzunehmen dass,  wenn man jetzt einen Schnitt machen würde, die Sauerland - Arena ( Lift- und Pistenbetreiber ) insgesamt im Plus ist. Dies ist eine persönliche Annahme (aus den vorgenannten Gründen) meinerseits.
 
User Manitou, der wohl im Sauerland engagiert ist, hat folgende Einschätzungen getroffen :

Zitat
Ich bin zwar ab Freitag zwei Wochen im Allgäu, wo ich genug Schnee habe, doch ich mache mir langsam ernsthafte Sorgen um Willingen. Die nächsten zwei Wochen ist bis auf den kurzen Schneesturm auch im Sauerland eher keine Kälte vorausgesagt - und ein drittes Weihnachten in Folge ohne hinreichend Schnee und perfekten Skibetrieb kann sich das Sauerland touristisch nicht leisten

sowie :

Zitat
Die Holländer halten sich bereits sehr mit Buchungen zurück. Ich hab noch nie einen so schlechten Dezember gehabt wie dieses Jahr und sogar noch 2von8 Wohnungen in der Weihnachtswoche frei, die sonst immer bereits spätestens im Nov. vorwiegend von Holländern ausgebucht ist.

und

Zitat
In Winterberg gehen bereits Gerüchte über beorstehende Insolvenzen um..., da die so sehr vom Schnee abhängig sind um in den letzten Jahren insgesamt >50 Mio investiert wurden.

 Diese Aussagen belegen ja, dass es schon seit einiger Zeit durchaus  Probleme gibt.

Die Sauerland - Arena hat aktuell den "Masterplan 2.0" herausgegeben. Darin kann man beispielsweise lesen :

Zitat
Wir haben gemeinsam viel erreicht, doch die künftigen Bedingungen sind andere als noch vor zehn Jahren“, betont Michael Beckmann, Vorsitzender der Wintersport-Arena Sauerland.

und

Zitat
Wertvolle Erkenntnisse vor dem Hintergrund des Klimawandels

Langjährige Wetteraufzeichnungen zeigen, dass die durchschnittliche Temperatur langsam steigt – mit entsprechenden Auswirkungen auf den Wintersport. Insbesondere der warme Winter 2006/2007 hat die Diskussion um den Klimawandel angeheizt. Andererseits ist der Wintersport ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Region. Der Wintersport-Arena Sauerland ist daran gelegen, die Diskussion sachlich zu betreiben und die Prognosen mit Fakten zu untermauern.


Man merkt im Sauerland , dass sich etwas verändert und versucht nun eine angepasste Strategie für die Zukunft zu entwickeln. Der ständige Verweis auf das Sauerland  ist vor diesem Hintergrund nach meiner Meinung nicht geeignet, dem Wurmgergausbau  (inkl. Beschneiung) eine erfolgreiche Zukunft vorherzusagen, da hier noch ganz auf die alte Strategie (Lift - und Pistenaufbau + Beschneiung) gesetzt wird, die sich im Sauerland  zunehmend als nicht mehr  tragfähig erweist.

@ playjam
Ich habe mehrmals die Tragfähigkeit des Projektes aufgrund mangelnder Schneesicherheit angezweifelt. Dabei habe ich auf das

"Gutachten zur regionalwirtschaftlichenBedeutung des Projekts" 

Bezug genommen. Ich glaube, in meinen vorherigen Beiträgen herausgearbeitet zu haben, dass  dieses Gutachten nicht als neutral anzusehen ist, da der Gutachter zuerst einen politischen Leitfaden (Harz 2015 ) verfasst hat in dem dem  das von ihm selbst später geplante Wurmbergprojekt als möglicher Leuchtturm bezeichnet wurde. Zwischen diesen beiden Eckdaten ("Harz 2015" und Planung "Wurmberg") hat er  auch noch die Machbarkeit und die Schneesicherheit des Ganzen in einem Gutachten belegt und zwar mit in meinen Augen unrealistischen Zielen :

Zitat
Die primär mit dem Vorhaben verbundenen Zielsetzungen sind:
 die Erhöhung der Schneesicherheit (=Gewährleistung des Betriebs durch eine ausreichende
Schneedecke zu wichtigen Saisonzeiten wie den Weihnachtsferien und
den Winterferien in Niedersachsen und den umliegenden Bundesländern sowie die
Gewährleistung eines durchgängigen Betriebs ohne Ausfalltage im Kernwinter zwischen
Weihnachten und Februar)
 die Erhöhung der Anzahl der Betriebstage insgesamt von durchschnittlich 65 (Wert
für die letzten zehn Winter einschließlich 2010/11) auf durchschnittlich mindestens
110 Tage pro Winter.

sowie mit für mich äusserst zweifelhaften (nicht unterlegten) Behauptungen:

Zitat
Im Ergebnis zeigten die genannten Studien, dass im Durchschnitt technisch 138 Betriebstage
pro Winter möglich wären. Selbst im extrem milden Winter 2006/07 wäre ein durchgehender
Skibetrieb vom 20. Dezember bis zum 15. April möglich gewesen (total 120
Tage). Selbst die pessimistischsten Szenarien des IPCC gehen für die kommenden 30 Jahre
nicht davon aus, dass ein Winter wie der von 2006/07 zum Regelfall wird36. Insofern ist
es höchst wahrscheinlich, dass die gesetzten Ziele erreicht werden können, zumal die
geplante Beschneiungsanlage sehr leistungsfähig ist.

Die o.g. Verflechtungen finanzieller Interessen können nicht als seriös bezeichnet werden. Das ift/Montenius kompetente Skigebietsplaner sind wird von mir in keinster Weise bezweifelt, nur dürfen sie  vorher nicht auch als Gutachter für die geplanten Projekte auftreten. Diese Verflechtung ist doch das wirklich unseriöse an der Sache. Wenn sie (ift/Montenius) ein Gebiet (als Gutachter) für untauglich erklären, könnten sie dort auch kein Skigebiet planen. Also liegt eines von zwei möglichen Ergebnissen (ja/nein) mehr  in ihrem Interesse als das andere. Ein Gutachter darf jedoch kein höheres Interesse an einem  von mehreren möglichen Egebnissen haben.Das ist eigentlich eine Grundvoraussetzung für ein Gutachten.
 Diese von einer Person (wintersportlicher Teil) verfassten Texte waren am Ende die Grundlage für die   Unterstützung des Projektes in Millionenhöhe  durch u.a. eine finanziell mit dem Rücken zur Wand  stehenden Kommune. Als mündiger Bürger, als den ich mich sehe, kann man da schon sehr in's Stutzen kommen.

Ich hatte ja angemerkt,dass mir andere als die von mir o.g. Quellen, die die Schneesicherheit und Wirtschaftlichkeit des Projektes belegen sollen, nicht bekannt sind. Jetzt schreibst Du:

Zitat
Das ist so ziemlich auf den Punkt gebracht: Auf der einen Seite sorgfältig ausgearbeitete Unterlagen mit best case, worst case Szenarien, auf der andern Seite das ganze Register der politischen Sprache: Aspekt Betonung, Auslassung, Übertreibung, FUD (keiner kann garantieren, dass nicht doch... ), etc.

Diese "sorgfältig ausgearbeiteten Unterlagen mit best case, worst case Szenarien" habe ich wahrscheinlich übersehen. Es wäre schön wenn Du einen Link o.ä. zur Verfügung stellen würdest. Diese Unterlagen würden mich natürlich sehr interessieren.

@ Nordisch

Du hast ja einiges zu Frau de Jongs

 "Auswirkungen von Klimawandel und künstlicher Beschneiung auf Wurmberg und Winterberg "

angemerkt, wie z. Bsp.:

Zitat
Entschuldigung, wenn ich mich aufrege, aber die Dame ist Professorin. Jeder Student bekäme eine solche Arbeit um die Ohren geschlagen.

Man sollte dazu sagen, dass es sich  nicht um eine wissenschaftliche Arbeit handelt.  Es ist die Zusammenfassung eines populärwissenschaftlichen Vortrages für die Öffentlichkeit, nicht für Studenten.
Du hast Bezug genommen auf eine Grafik, auf der der "Temperaturtrend am Brocken" (linear),die "Temperatur Braunlage" (nicht linear und mit nicht erkennbarer genauer zeitlicher Rasterung) und der "Gleitende Mittelwert über 7 Jahre" zu sehen ist (ich weiss leider nicht wie man Grafiken aus den Beiträgen einbinden kann oder überhaupt irgendeine Grafik).
Dazu hast Du  u.a. bemerkt:

Zitat
[Vom Jahres(!)mittel auf Wintertemperaturen, die Schneesicherheit (Zitat: "die Schneesicherheit im Winter [hat sich] erkennbar verschlechtert") oder die Möglichkeit einer Beschneiung zu schließen ist schlicht unmöglich/quote]

sowie:

Zitat
Dazu möchte ich sagen, dass, sofern damit auch nur ein wenig mehr als die triviale Aussage belegt werden soll (das Klima wird im Mittel wärmer), ich dies als unwissenschaftlich (und damit unseriös) bezeichne.

Der Punkt ist aber. dass Frau de Jong doch nur genau diese "triviale" Aussage  belegen wollte, denn sie schreibt unter die Grafik:

Zitat
Die Erreichung einer „garantierten“ Schneesicherheit von mehr als 120 Tagen, wie sie in den planerischen Ausführungen zum Projekt „Wurmberg 2015“ zugesichert wird, ist vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich. Auch ob die für einen wirtschaftlichen Skibetrieb den Aussagen der Planer zufolge erforderlichen 100 Tage am Wurmberg bzw. 90 Tage am Winterberg durch eine künstliche Beschneiungsanlage mittelfristig bei stetig ansteigenden Temperaturen (und steigenden Betriebskosten) gesichert werden können, erscheint höchst fraglich.

Natürlich ist das nicht mit Tageseinzeltemperaturen und allen möglichen anderen Daten unterlegt, aber ihre Aussage war ja nicht, dass eine Beschneiung unmöglich ist, sondern das eine wirtschaftliche  Beschneiung unwahrscheinlich erscheint, wenn man die vom Investor  in Bezug auf die Schneesicherheit formulierten Ziele zur Grundlage nimmt. Um dieses zu verdeutlichen, hat sie diese Grafik, die einen allgemeinen Erwärmungstrend  im Brockengebiet zeigt, zu Hilfe genommen.

Ich kenne vom Investor keine einzige genaue Untersuchung die seine behauptete (wirtschaftliche) Schneesicherheit belegt. All die Daten dieD u von Frau de Jong einforderst habe ich vom Investor nicht gesehen. Ich hatte ja schon in einem Beitrag von vor ein paar Tagen geschrieben,dass ich natürlich nicht alle Unterlagen kenne und darum gebeten mich zu berichtigen, sollte es derartige belastbare Belege von Seiten des Investors geben. Bis jetzt kam aber nichts.

Jetzt nochmal zum Klima.

 Du schreibst ja, dass die momentane Situation nichts mit dem Klima zu tun hat, sondern mit dem das Klima überlagernde Wetter. Aber auch wenn man "Wetter" als ein zeitlich und örtlich begrenztes meteorologisches Ereigniss sieht (momentan zu warm), so muss doch die Gesamtheit aller Wetterereignisse in der Summierung den klimatischen Trend widerspiegeln. Dieser Trend ist eine Erwärmung. Die lokale und zeitliche Verteilung der Wetterereignisse ist wahrschinlich schwierig vorherzusagen, aber grundsätzlich muss man eben mit mehr "zu warmen" Wetterereignissen rechnen. Vor diesem Hintergrund kann man das momentane "Wetter" sicherlich nicht einfach unabhängig vom allgemeinen Klimatrend sehen.

Noch ein paar Bemerkungen zur Wirtschaftlichkeit (in Bezug auf das Klima).
Du schreibst u.a.

Zitat
Vom Jahres(!)mittel auf Wintertemperaturen, die Schneesicherheit (Zitat: "die Schneesicherheit im Winter [hat sich] erkennbar verschlechtert") oder die Möglichkeit einer Beschneiung zu schließen ist schlicht unmöglich.

sowie


Zitat
Weil das Klima sich nicht von heute auf morgen ändert, ist ein 5 (oder von mir aus auch 10) Jahresmittel ein sehr gutes Werkzeug für eine Mittel-Prognose der nächsten 5 oder 10 Jahre.

Zitat
Wie ich oben erwähnte, ist der entscheidende Punkt die gute Vorhersagbarkeit des Mittels.

Zitat
Glücklicherweise ist nun dieser Mittelwert aber auch alles, was der Investor zur Planung braucht. Denn wenn er in einem Winter weniger einnimmt, aber in einem anderen mehr (warm, kalt), dann stimmt sein Ergebnis ja. Das einzige, was er berücksichtigen muss ist, dass er genug Rücklagen für ein paar warme Winter hat, falls die vor den kalten kommen.

Zitat
Denn in diesen 5 - 10 Jahren bleibt das Klima praktisch genau gleich, sodass nur und allein das Wetter den Rahmen vorgibt.

Zitat
Vereinfacht gesagt, entweder die Beschneiung hätte sich in den letzten 5 Jahren gerechnet, dann tut sie das auch in den nächsten 5. Oder sie rechnet sich nicht, aber dann hätte sie sich auch vorher schon nicht gerechnet.

Zitat
Mit anderen Worten: Über 15 Jahre betrachtet kann man erwarten, dass im Schnitt ungefähr 6 Tage im Dezember unter -6°C (Berg) bzw. -3°C (Tal) liegen, was einen Hinweis darauf liefert, das ein Betrieb der Anlagen durchaus zu erwarten ist.


Du bestreitest die Tauglichkeit von Mittelwerten um auf die Schneesicherheit, die Wintertemperaturen und die (allgemeine) Möglichkeit der Beschneiung zu schliessen. Da stimme ich Dir vollstens zu. Frau de Jong hat ja auch genau diese Dinge nicht behauptet (s.o.).
Du führst jedoch zeitliche (in Bezug auf die Rentabilität) und meteorologische (in Bezug auf die Temperaturen) Mittelwerte an um die für Dich zu erwartende Wirtschaftlichkeit des Vorhabens zu belegen.Das ist natürlich ein Widerspruch in sich

Zitat
Weil das Klima sich nicht von heute auf morgen ändert, ist ein 5 (oder von mir aus auch 10) Jahresmittel ein sehr gutes Werkzeug für eine Mittel-Prognose der nächsten 5 oder 10 Jahre.
Denn in diesen 5 - 10 Jahren bleibt das Klima praktisch genau gleich, sodass nur und allein das Wetter den Rahmen vorgibt.

Der Vorsitzende der Wintersport - Arena Sauerland bemerkt im  "Masterplan 2.0":

Zitat
Wir haben gemeinsam viel erreicht, doch die künftigen Bedingungen sind andere als noch vor zehn Jahren“, betont Michael Beckmann, Vorsitzender der Wintersport-Arena Sauerland.

sowie.

Zitat
Hintergrund war der wetterbedingte Einbruch im Wintersporttourismus. Nach den starken 80er Jahren brachten die 90er nur noch schneearme Winter, die für sinkende Besucher- und Übernachtungszahlen verantwortlich waren.

Man sieht an diesen Aussagen sehr deutlich, das sich das Wetter eben nicht so einfach in betriebswirtschaftliche Zeiträume von 5 oder 10 Jahren pressen lässt. Die 80er waren gut, die 90er nicht.

Auch die Aussage.

Zitat
Vereinfacht gesagt, entweder die Beschneiung hätte sich in den letzten 5 Jahren gerechnet, dann tut sie das auch in den nächsten 5. Oder sie rechnet sich nicht, aber dann hätte sie sich auch vorher schon nicht gerechnet.

kann man so nicht stehen lassen.
Wenn sich die Beschneiung in den nächsten 5 Jahren rechnen soll weil sie sich in den letzten 5 Jahren gerechnet hat, müsste sie sich automatisch auch in den übernächsten 5 Jahren rechnen und in den folgenden 5  Jahren und immer so weiter.Das ist wirklich keine brauchbare Grundlage für eine positive Zukunftsprognose, da sie den Temperaturanstieg (wie gross oder klein er auch sein mag) ausser Acht lässt.

Mittelwerte sind für den Betreiber wirklich keine brauchbare Hilfe, da sie die zeitliche Verteilung der Temperaturen nicht berücksichtigen. Wenn in einem Monat mit brauchbar scheinenden Mitteltemperaturen die Verteilung der Temperaturen sehr ungünstig ist (nachts Frost, am Tage Plusgrade oder starker Frost am Monatsanfang, gefolgt von starker Erwärmung und wieder Frost am Monatsende) kann man als Betreiber eine Menge Geld talwärts schicken.
Auch wird es schwierig bei wechselnden Bedingungen die oft angesprochenen Schneifenster zu finden und optimal zu nutzen. Auf dieses Problem hatte ja der Liftbetreiber aus St. Andreasberg hingewiesen.

Noch etwas zum Investor.
Im Forum wurde oft als "Beleg" für die Tragfähigkeit des Ausbaues die Tatsache genannt, dass jemand Millionen Euros in die Hände genommen hat. Dieses würde er ja niemals tun  wenn das Konzept nicht funktionieren würde. Folgt man dieser Logik, hätte es noch niemals eine Pleite eines Investors geben dürfen. Jeder Investor trägt ein unternehmerisches Risiko.Man kann in einen gesättigten Markt investieren oder das eigene Produkt nicht richtig vermarktet haben oder was auch immer. In allen Fällen hat der Investor irgend etwas einfach falsch gemacht.
 Ein aktuelles Beispiel ist Thyssen Krupp. Das Unternehmen investierte kräftig in ein Stahlwerk in Brasilien. Das Unternehmen machte alles "richtig", denn lt. Wikipedia tat das Unternehmen folgendes:

Zitat
ThyssenKrupp beauftragte zu Projektbeginn die Unternehmensberatung McKinsey mit einer Machbarkeitsstudie, innerhalb welcher die Gesamtkosten für den Werksbau mit 1,9 Milliarden € kalkuliert wurden.

Passiert ist lt. Wikipedia folgendes:

Zitat
Nach Presseberichten hat ThyssenKrupp mittlerweile 8 Milliarden Euro in das Vorhaben investiert.

ThyssenKrupp nahm Abschreibungen in Höhe von fast 2 Milliarden Euro auf das Stahlgeschäft in Brasilien vor und wies im Geschäftsjahr 2010/2011 einen Verlust von 1,8 Milliarden Euro aus.

Seit letztem Jahr sucht das Unternehmen händeringend einen Käufer für das Werk, bis jetzt erfolglos.
Wie man sieht kommen Fehlinvestitionen auch in weit grösserem Maßstab vor als es die Investitionen am Wurmberg darstellen.
 Ich persönlich hätte mein Geld jedenfalls nicht in dieses Projekt gesteckt (wenn ich es denn hätte). Die Zeit wird zeigen wie tragfähig das Projekt ist. Wenn alles wunderbar für den Investor und die Kommune läuft, habe ich kein Problem damit zuzugeben dass ich mich gründlich geirrt habe.

Bitte weist mich auf offensichtliche Irrtümer oder fehlende Fakten hin. Meine Meinung ist nicht in Stein gemeisselt, sondern meine Schlussfolgerung aus den mir bekannten Fakten.

(Ich hoffe das die vielen Zitate richtig eingebunden sind.)

playjam

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #46 am: Januar 18, 2014, 08:37:05 Nachmittag »
Diese "sorgfältig ausgearbeiteten Unterlagen mit best case, worst case Szenarien" habe ich wahrscheinlich übersehen.

Ja.

Zitat von: Beobachter
Es wäre schön wenn Du einen Link o.ä. zur Verfügung stellen würdest. Diese Unterlagen würden mich natürlich sehr interessieren.

Das Forum hat eine Suchfunktion. Bitte habe Verständnis dafür, dass ich Dir die Arbeit bei der Wissensaneignung nicht abnehmen kann.

Zitat von: Beobachter
[Anm.: de Jongs Paper zum Vortrag] Man sollte dazu sagen, dass es sich  nicht um eine wissenschaftliche Arbeit handelt.  Es ist die Zusammenfassung eines populärwissenschaftlichen Vortrages für die Öffentlichkeit, nicht für Studenten.

Das ist kein Argument für schlampige Arbeit. Siehe meine Kritik zum Paper von de Jong.

Im Übrigen schau mal hier
Bebauungsplan Nr. 511 „Bocksberg-Hahnenklee“, teilweise Änderung des
Bebauungsplanes Nr. 501 „Rathausstraße“ und Aufhebung des Bebauungsplanes Nr.
501.3 – 3. Änderung „Rathausstraße“ sowie 94. Änderung des Flächennutzungsplanes
für den Bereich „Bocksberg“
Vorläufige Stellungnahme aufgrund ungewöhnlich widersprüchlicher und
unvollständiger Unterlagen
(goslar.bund.net 11.8.2012):
Zitat
[...]
Abschließend legen wir dieser Stellungnahme ein Exemplar der Broschüre „Auswirkungen
von Klimawandel und künstlicher Beschneiung auf Wurmberg und Winterberg – Erste
Ergebnisse einer Analyse der Planungsunterlagen sowie von Geländeuntersuchungen im Juli
2012“ von Prof. Dr. Carmen de Jong, Universität Savoyen und Koautoren zu Ihrer
Information bei. Hier wird auf wissenschaftlicher Grundlage [Anm.: Fett hinzugefügt] nachgewiesen, wie ökologisch
schädlich und wirtschaftlich unsinnig den Bau von Beschneiungsanlagen am Wurmberg bei
Braunlage und am Winterberg bei Schierke wäre. Dies trifft umso mehr auf das Bocksberg-
Projekt zu, da dieser Berg noch um mehr als 200 m niedriger ist als Wurmberg bzw.
Winterberg.
[...]

Anlagen:
Gutachten [Anm.: Fett hinzugefügt] de Jong, Reinboth & Knolle 2012

[...]

So schnell wird aus einem populärwissenschaftlichen Paper ein Gutachten...

Nordisch

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #47 am: Januar 18, 2014, 11:12:33 Nachmittag »
@Beobachter:

Fast -- Du hast nur einmal aus Versehen die eine Klammer nicht richtig erwischt (dort wo "quote" im Text steht, muss einmal [ davor).

Und uff, das ist ja eine ganze Menge. Mal sehen, ob ich das alles abhandeln kann. Falls ich einen Punkt vergessen haben sollte, der Dir aber relevant erscheint, bitte mich gerne darauf hinweisen.

Zunächst Danke für die Zahlen, besonders auch @manitou; war interessant zu lesen. Ich würde immer noch nichts behaupten wollen, aber ich denke, ich habe jetzt einen Überblick.

Re: Wetter, Klima und Mittelwerte. Vielleicht ein Beispiel, das mir neulich einfiel. Stell Dir vor, du stellst einen Pegelmeßstab in einen recht großen See ohne Abfluss. Dann hast Du einen leichten Wellengang, wenn der Wind weht, sodass der Pegel, wenn Du ihn kontinuierlich misst, immer etwas schwankt. Zeichnest Du das auf, kriegst Du Messkurven, die um einen gewissen Mittelwert schwanken. Und jetzt kippst Du regelmäßig einen Eimer Wasser in den See. Ganz offensichtlich muss nun der Seepegel steigen, weil ja mehr Wasser im See ist als vorher -- aber selbst mit dem empfindlichsten und genausten Messgerät der Welt könntest Du das nicht mit nur einer Messung bemerken, weil die ständigen Schwankungen durch die Wellen viel größer sind. Das heißt nicht, dass der Seepegel nicht gestiegen ist (ganz, ganz wenig). Es heißt nur, dass andere Effekte viel größer sind, und zwar so viel größer, dass eine akkurate kurzfristige Beschreibung des Seepegels die Eimer Wasser vernachlässigen kann.

In dem Beispiel sind die Wellen das Wetter und der Eimer Wasser die Klimaänderung. Theoretisch müsste die Klimaänderung berücksichtigt werden, aber in kurzfristigen Zeiträumen ist das Wetter so dominant, dass in guter Näherung der Klimatrend vernachlässigt werden kann. Natürlich geht das nicht beliebig, und man muss genau aufpassen, wenn man approximative Lösungen betrachtet: Genau was Du beschreibst, geht eben nicht. Wenn ich sage, in guter Näherung kann für die nächsten 5 - 10 Jahre der Klimatrend vernachlässigt werden, impliziert das nichts über die folgenden Jahre. Näherungen dürfen nicht einfach extrapoliert werden (das ist übrigens einer der häufigeren Fehler bei solchen Dingen, auch von Fachleuten).

Bezüglich der Mittelwerte hattest Du mich missverstanden. Wogegen ich mich gewandt habe war die Verwendung des Jahresmittels. Das ist so ähnlich wie mit dem Witz von der Herdplatte und dem Eisbad, und wenn ich mit einem Fuß auf jedem stehe, geht's mir im Mittel wunderbar. Wenn Du willst, ist da einfach "zu viel" gemittelt. Aber an sich sind Mittelwerte sehr brauchbar.

Nimm z.B. die Anzahl der kalten Tage im Dezember, die aus den Werten der Brockenstation gezogen hatte. Damit kann man schon eine Menge anfangen. Ohne weitere Kenntnisse von irgendwas würde jeder zustimmen, dass bei im Mittel Null kalten Tagen der Bau von Skianlagen überaus sinnlos wäre. Das ist aber eine sehr starke Aussage.

Was ift/Montenius in dem Originalgutachten (das, welches referenziert wird -- "Masterplan für den Ausbau des Skigebiets Wurmberg") getan haben wird ist folgendes: Stundengenaue Messwerte (wobei man die auch durch Minimum/Maximum-Werte plus Tagesmodelle ersetzen kann) der letzten X Jahre und die Betriebsdaten der Beschneiungsanlagen in ein Computermodell füttern, dass Schneehöhen (Schneefall, Schneeschmelze usw...) simulieren kann, und dann gucken was an Betriebstagen jährlich rauskommt. Und damit dann vorhersagen, was in nächster Zukunft zu erwarten ist.

Und das ist eine korrekte und sinnvolle Weise, das Problem zu behandeln (sofern natürlich das Modell nicht mit unrealistischen Daten betrieben wurde, man sich also selbst belügt). Die Aussage, "im Mittel werden ohne Beschneiung X und mit Beschneiung Y Betriebstage erreicht" ist die Entscheidungsgrundlage für eine Investition -- und es wird in der Tat der verlässlichste Teil der Wirtschaftlichkeitsprognose sein. Dort geht es nur um leicht messbare Daten, und eigentlich keine Annahmen. Das Wetter wird sich auf gewisse Sicht im Mittel ungefähr so verhalten, wie es das zuvor tat (wobei "ungefähr" einem gewissen Sicherheitspolster bei der Wirtschaftlichkeit entsprechen sollte), und der Rest ist reine wenn-dann-Logik.

Was ich mir weitaus schwieriger vorstelle ist z.B. die Prognose zukünftiger Besucherzahlen. Das kann man zwar auch messen, muss aber weitaus mehr Annahmen in die Prognose hineinstecken, die sich alle als falsch erweisen können. Das würde mich als Investor sehr viel mehr beunruhigen als die Klimadaten. Wenn bei bestem Skiwetter nicht so viele Besucher kommen wie erwartet, entsteht in der Tat eine Fehlinvestition. Dagegen ist das Wetter sehr viel einfacher zu handhaben.


Und schließlich noch kurz zu dem "populärwissenschaftlichen Vortrag": Wenn der BUND und Frau de Jong ernst genommen werden wollen, müssen sie auch einen ernstzunehmenden Vortrag bzw. Gutachten abliefern. Man kann Dinge verständlich und gut belegt sowie sauber ausgearbeitet ausführen, das ist durchaus möglich. Die Tatsache, dass auch von Investorenseite die expliziten Berechnungen nicht einsehbar sind (soweit ich weiß? -- ich würde gerne einmal den "Masterplan für den Ausbau des Skigebiets Wurmberg" lesen), sondern nur deren Zusammenfassung, hätte doch gerade die Möglichkeit geboten, dem ein gut gemachtes Gutachten entgegenzusetzen. Stattdessen bekomme ich etwas dass ... naja, lassen wir das.

Jedenfalls hat Frau de Jong bestimmt Ahnung, das will ich ihr gar nicht absprechen. Aber was soll dieses Gutachten, das nun keines sein soll, sein: Ihre persönliche Meinung als Experte? Dann würde ich starke Stellungnahmen à la "Es entspricht meiner persönlichen Einschätzung dass ..." erwarten. Die gibt es aber nicht. Also ein neutrale Untersuchung, mit Schlussfolgerungen basierend auf wissenschaftlichen Fakten? Dieser Anschein wird erweckt, ja, aber ohne das gleichzeitig der Anspruch, den man an eine solche Untersuchung stellen muss, erfüllt wird. Und dagegen habe ich mich gewandt.
« Letzte Änderung: Januar 18, 2014, 11:28:35 Nachmittag von Nordisch »

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #48 am: Januar 19, 2014, 08:05:15 Vormittag »
@ playjam
In einem Beitrag hast Du folgendes geschrieben:

Zitat
Das ist so ziemlich auf den Punkt gebracht: Auf der einen Seite sorgfältig ausgearbeitete Unterlagen mit best case, worst case Szenarien, auf der andern Seite das ganze Register der politischen Sprache: Aspekt Betonung, Auslassung, Übertreibung, FUD (keiner kann garantieren, dass nicht doch... ), etc.

Meine darauf folgende Bitte

Zitat
Diese "sorgfältig ausgearbeiteten Unterlagen mit best case, worst case Szenarien" habe ich wahrscheinlich übersehen. Es wäre schön wenn Du einen Link o.ä. zur Verfügung stellen würdest. Diese Unterlagen würden mich natürlich sehr interessieren.

hast Du mit

Zitat
Das Forum hat eine Suchfunktion. Bitte habe Verständnis dafür, dass ich Dir die Arbeit bei der Wissensaneignung nicht abnehmen kann.

beantwortet.
 Das finde ich ehrlich gesagt nicht sehr hilfreich. Ich habe mich in meinen Ausführungen bemüht, immer die Quellen meiner zahlreichen Zitate anzugeben. Für die von Dir angeführten Unterlagen habe ich ja keinen Namen oder Schlagwort zur Verfügung. Ich weiss also gar nicht nach was ich eigentlich suchen soll. Es wäre schon hilfreich, wenn Du mir  wenigstens einen oder die Namen für die von Dir angesprochenen Unterlagen zur Verfügung stellen würdest.

Zum de Jong Papier

„Auswirkungen von Klimawandel und künstlicher Beschneiung auf Wurmberg und Winterberg – Erste Ergebnisse einer Analyse der Planungsunterlagen sowie von Geländeuntersuchungen im Juli 2012“

habe ich geschrieben

Zitat
Man sollte dazu sagen, dass es sich  nicht um eine wissenschaftliche Arbeit handelt.  Es ist die Zusammenfassung eines populärwissenschaftlichen Vortrages für die Öffentlichkeit, nicht für Studenten.

Nun merkst Du an, dass in einer Stellungnahme von BUND/NABU dieses Papier als Gutachten auf wissenschaftlicher Basis bezeichnet wird. Dazu ist zu bemerken, dass
selbstverständlich auch eine populärwissenschaftliche Arbeit auf wissenschaftlicher Grundlage steht. Die Bezeichnung "Gutachten" stammt  nicht von Frau de Jong. Es handelt sich um
"Erste Ergebnisse einer Analyse der Planungsunterlagen sowie von Geländeuntersuchungen im Juli 2012".
 Du müsstest Dich mit deinem Einwand also an die beiden Verbände wenden.

Dein Link zur "Kritik zum Paper von de Jong" führt mich leider nur zu einer Übersichtsseite. Dazu kann ich also leider nichts sagen.
 
Ich möchte aber mal generell etwas zu zu Frau de Jong und ihrer Arbeit sagen.

Während das (aus von mir mehrmals beschriebenen Gründen) völlig unzureichende


"Gutachten zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Projekts im Hinblick auf die Befreiung aus dem Wasserschutzgebiet",

  das ausschlaggebend für Beihilfen einer  finanziell maroden Stadt in Millionenhöhe  war, in diesem Forum überhaupt nicht thematisiert wurde, wird das Papier von Frau de Jong regelmässig als unwissenschaftlich, falsch oder gar Propagandaschrift bezeichnet.
 Wenn man sich diese Schrift jedoch einmal unvoreingenommen ansieht, stellt man doch fest, das hier eine Menge an nachvollziehbaren  Argumenten und Fragen zu finden sind. Sei es die Frage der Wasserentnahme (man sieht aktuell, dass der Teichpegel um einiges gesunken ist aber man sieht kaum Schnee),die möglichen negativen Folgen der Kunstschneeproduktion oder die möglichen ökologischen Folgen für das Gewässersysthem. Alle diese Aspekte wurden vorher doch weitgehend links liegen gelassen.
Frau de Jong hat diese Arbeit ehrenamtlich erstellt. Sie hat, im Gegensatz zu anderen, keine
finanziellen Interessen.
Selbst wenn die Arbeit  Mängel hätte, sind doch die aufgeworfenen Fragen und Argumente bedenkenswert und hätten es sicher verdient ausführlicher gewürdigt zu werden.

Wenn man das de Jong Papier mit dem
 
"Gutachten zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Projekts im Hinblick auf die Befreiung aus dem Wasserschutzgebiet"
 
vergleicht, ist sie viel detaillierter auf die verschieden Aspekte eingegangen.
 Das o.g. Gutachten von Montenius enthält zu diesen Fragen faktisch gar nichts, ausser fantastischen Prognosen und sehr fragwüdigen Behauptungen wie:

Zitat
Im Ergebnis zeigten die genannten Studien, dass im Durchschnitt technisch 138 Betriebstage
pro Winter möglich wären. Selbst im extrem milden Winter 2006/07 wäre ein durchgehender
Skibetrieb vom 20. Dezember bis zum 15. April möglich gewesen (total 120
Tage). Selbst die pessimistischsten Szenarien des IPCC gehen für die kommenden 30 Jahre
nicht davon aus, dass ein Winter wie der von 2006/07 zum Regelfall wird36. Insofern ist
es höchst wahrscheinlich, dass die gesetzten Ziele erreicht werden können, zumal die
geplante Beschneiungsanlage sehr leistungsfähig ist.

Wie Montenius zu diesen Zahlen kommt ist in keiner Form belegt.
 
Die ersten zwei Monate dieses Winters  haben jedenfalls in keinster Weise die Einwände von Frau de Jong widerlegt.Die Behauptungen und Prognosen von Montenius erweisen sich dagegen doch als weitgehend realitätsfremd. Ich möchte dazu noch einmal auf den "Masterplan 2.0" der Sauerland - Arena verweisen. Hier heisst es:

Zitat
Wir haben gemeinsam viel erreicht, doch die künftigen Bedingungen sind andere als noch vor zehn Jahren“, betont Michael Beckmann, Vorsitzender der Wintersport-Arena Sauerland.

und

Zitat
Wertvolle Erkenntnisse vor dem Hintergrund des Klimawandels

Langjährige Wetteraufzeichnungen zeigen, dass die durchschnittliche Temperatur langsam steigt – mit entsprechenden Auswirkungen auf den Wintersport. Insbesondere der warme Winter 2006/2007 hat die Diskussion um den Klimawandel angeheizt. Andererseits ist der Wintersport ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Region. Der Wintersport-Arena Sauerland ist daran gelegen, die Diskussion sachlich zu betreiben und die Prognosen mit Fakten zu untermauern.

Diese Fragen werden im de Jong Papier behandelt (nicht ausführlich) und im Montenius - Gutachten völlig ignoriert. Es wäre gut, das de Jong Papier mal als Anregung zu verstehen da es eben viele bedenkenswerte Dinge enthält.



playjam

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #49 am: Januar 19, 2014, 09:32:52 Vormittag »
[...]
Das finde ich ehrlich gesagt nicht sehr hilfreich. Ich habe mich in meinen Ausführungen bemüht, immer die Quellen meiner zahlreichen Zitate anzugeben. Für die von Dir angeführten Unterlagen habe ich ja keinen Namen oder Schlagwort zur Verfügung. Ich weiss also gar nicht nach was ich eigentlich suchen soll. Es wäre schon hilfreich, wenn Du mir  wenigstens einen oder die Namen für die von Dir angesprochenen Unterlagen zur Verfügung stellen würdest.
[...]

Entschuldigung, ich hatte vorausgesetzt, dass Du ungefähr weißt, wonach Du suchen musst. Als eine Quelle, die verschiedene Szenarien untersucht, wäre der IPCC AR4 Bericht zu nennen.

Viele weitere Quellen findest Du in den vorangegangenen Diskussionen verlinkt.

<Admin Hut aufgesetzt>
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<Admin Hut abgesetzt>

Zitat von: Beobachter
[...]
Die Bezeichnung "Gutachten" stammt  nicht von Frau de Jong. Es handelt sich um
"Erste Ergebnisse einer Analyse der Planungsunterlagen sowie von Geländeuntersuchungen im Juli 2012".
Du müsstest Dich mit deinem Einwand also an die beiden Verbände wenden.
[...]

Der Coautor Knolle ist Pressesprecher vom BUND/NaBu Goslar.

Zitat von: Beobachter
Dein Link zur "Kritik zum Paper von de Jong" führt mich leider nur zu einer Übersichtsseite. Dazu kann ich also leider nichts sagen.

Die Paginierung oben am Rand sind Links zu den weiteren Seiten:
« Letzte Änderung: Januar 19, 2014, 10:21:41 Vormittag von playjam »

Sternengucker

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #50 am: Januar 19, 2014, 10:30:09 Vormittag »
Wissenschaft per Auszählung?  ;)

Ja sicher - wie denn auch sonst? Wenn ich als Nicht-Experte in der öffentlichen Verwaltung über die Vergabe von Fördermitteln in Millionenhöhe zu entscheiden habe und die Frage der langfristigen Beschneibarkeit in den Mittelgebirgen für diese Entscheidung eine Rolle spielt, dann sollte ich genau das tun: Auszählen. Und wenn ich dabei peer-reviewte Studien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Université de Savoie, der Universität München, dem Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung usw. finde, deren Ergebnisse eher gegen eine langfristige Beschneibarkeit sprechen, während sich lediglich die Deutsche Sporthochschule Köln positiv äußert (gleichzeitig aber feststellt, dass perspektivisch trotzdem nach Alternativen zum Alpin-Ski gesucht werden muss), dann sollte ich diesen Umstand in meiner Entscheidungsfindung berücksichtigen - ähnlich wie ich aus dem Umstand, dass mir neun von zehn Medizinern anraten mit dem Rauchen aufzuhören, während nur Dr. Malboro der Ansicht ist, dass keine größere Gesundheitsschäden zu erwarten sind, als vernünftig denkender Mensch ja ebenfalls meine Schlüsse ziehen kann und sollte.

playjam

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #51 am: Januar 19, 2014, 11:07:17 Vormittag »
Wissenschaft per Auszählung?  ;)

Ja sicher - wie denn auch sonst? Wenn ich als Nicht-Experte in der öffentlichen Verwaltung über die Vergabe von Fördermitteln in Millionenhöhe zu entscheiden habe [...]

In der Wissenschaft kann eine schlüssige Beweisführung ausreichen, um sämtliche zuvor veröffentlichte Thesen zu entwerten.

Den Prozess der Entscheidungsfindung in öffentlichen Verwaltungen kenne ich nicht. Mein bisheriger Eindruck ist, dass Richtungsentscheidungen durch Politiker gefällt werden und öffentliche Verwaltungen nicht wissenschaftlich tätig und lediglich durchführende Organe mit wenig Entscheidungskompetenz sind.

Nordisch

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #52 am: Januar 19, 2014, 11:39:14 Vormittag »
Selbst wenn die Arbeit  Mängel hätte, sind doch die aufgeworfenen Fragen und Argumente bedenkenswert und hätten es sicher verdient ausführlicher gewürdigt zu werden.
Ich will dazu mal etwas sagen.

Ich bin ja jetzt nicht mehr unvoreingenommen. Während ich die Entwicklung verfolgt hatte, war ich natürlich auch auf die Argumente von Nationalpark und BUND gestoßen. Und meine Reaktion war damals wie heute ein wenig Unglauben, dass dies ernstgemeinte Argumente sein sollten. Denn was wurde mir angeboten?

Her Knolle, der (noch immer) nicht den Unterschied zwischen Klima und Wetter kennt und fröhlich Blödsinn in Kameras erzählt. Frau de Jong, die viel im Allgemeinen und Ungefähren bleibt und über grundsätzliche Probleme der Beschneiung referiert, die ich gerade für mich selbst im speziellen Bezug auf den Harz und diese Dekade als geklärt angesehen hatte (Klimatologische Bedingungen, Rentabilität, Umweltzerstörung).

Tatsächlich erschien am fundiertesten und saubersten belegt die Argumente zur Lichtverschmutzung des @Sternenguckers. Die konnte ich nachvollziehen. Da ich aber wirtschaftliche Impulse für Braunlage als wichtiger empfand als seine Sternwarte, hatte ich auch das zurückgewiesen, es bleibt aber ein legitimer Punkt.

Der einzige andere Punkt, der noch halbwegs konkret auf das Wurmberg-Projekt bezogen war, war die Wasserentnahme an der Bode. Da war aber die Rechtslage so, dass der Minimalpegel schlicht nicht unterschritten werden darf. Daran hat sich jeder zu halten. Sollte das geändert werden (oder schlimmer, einfach ignoriert), wäre das eine Frechheit, ja. Würde doch einiges verändern -- aber so viel Vertrauen habe ich noch, das Regeln Regeln sind.

Sternengucker

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #53 am: Januar 19, 2014, 02:41:42 Nachmittag »
Zum de Jong-Thesenpapier sei von meiner Seite noch einmal (und diesemal wirklich abschließend) etwas gesagt: Es handelt sich - wie der Name schon ganz korrekt ausdrückt - um ein Thesenpapier, welches eine Expertenmeinung und die Ergebnisse einiger erster Betrachtungen insbesondere der Wurmberg-Planungen wiedergibt. Gleich auf Seite 1 kann man auch genau das noch einmal nachlesen:

Zitat
Dieses Thesenpapier ist dabei als erster Anstoß für eine länderübergreifende Betrachtung beider Projekte zu verstehen und stellt nicht den abschließenden Erkenntnisstand dar. Es soll und wird in den kommenden Monaten durch weitere Ausarbeitungen zu spezifischen Fragen und Problemlagen ergänzt werden.

[Bevor nun jemand fragt, was denn eigentlich aus den weiteren Ausarbeitungen geworden ist: Da mehrere öffentliche Stellen die Antworten auf unsere Anfragen verweigert haben und es daher beispielsweise trotz mehrerer Versuche durch verschiedene Personen und Institutionen nicht möglich war, einen Einblick in die detaillierten Rohdaten etlicher Pegelstandsmesspunkte von Kalter und Warmer Bode zu bekommen, haben wir irgendwann das Handtuch geworfen. Nachdem die politischen und juristischen Entscheidungen zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon gefallen waren, gab es ja auch nichts, was man mit einer solchen Analyse noch hätte bewirken können.]

Eine Expertenmeinung mit Thesen also, derer sich genau drei auf der letzten Seite des Papiers finden: (1) Eine saisonsichere Beschneiung in den versprochenen Größenordnungen (120-130 Tage im Saisondurchschnitt) wird am Wurm- und Winterberg nicht möglich sein. (2) Die für die Kunstbeschneiung erforderliche Wasserentnahme wird zu ökologischen Belastungen führen. (3) Eine exzessive Investition in den Wintersport lohnt sich im Harz nicht mehr, weshalb es sinnvoller wäre, den Fokus auf die Entwicklung von Ganzjahresangeboten zu setzen.

Soweit die Meinung einer Expertin, die sich seit mehreren Jahrzehnten mit der Rentabilität und Umweltverträglichkeit von Beschneiungsanlagen beschäftigt. Da die Beschneiung am Wurmberg bislang praktisch ein Totalausfall gewesen ist, lässt sich zu These (2) natürlich noch nicht viel sagen, mit (1) und (3) scheint Frau de Jong ja aber nicht gänzlich danebenzuliegen. Die 120-130 Tage werden zumindest in dieser Saison ganz sicher nicht erreicht werden können - und auch im Saisondurchschnitt wird das wohl kaum gelingen, auch wenn es natürlich einzelne Jahre geben wird, in denen die Zielmarke erreicht werden kann. Auch zur Wirtschaftlichkeit wird sich sicher erst mittelfristig ein Fazit ziehen können, festhalten lässt sich aber schon mal, dass die Verschuldung Braunlages nochmal deutlich gestiegen ist und auch die Seilbahn-Gesellschaft sich sicher bessere Ergebnisse erhofft hat - zumindest hat ja Herr Nüsse in der gestrigen Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung schon mal durchblicken lassen, dass die GmbH Schwierigkeiten bei der Rückzahlung von Investitionskrediten bekommen dürfte, wenn die Saison weiterhin so schlecht läuft.

Wer sich an dieser Stelle nun anstatt einer Expertenmeinung oder eines Thesenpapiers eine besonders gründliche wissenschaftliche Untersuchung des Sachverhalts wünscht, stößt bei mir grundsätzlich auf offene Ohren. Was mich allerdings immer wieder überrascht ist der etwas naive Glaube mancher, so eine Universität würde vollkommen gratis arbeiten - und das auch noch an der Lösung von privatwirtschaftlichen Fragestellungen. Wenn mir der Arzt meines Vertrauens ob der von mir geschilderten Symptome nahelegt, meine Lunge röntgen zu lassen, da ich mir eine Lungenentzündung eingefangen haben könnte, habe ich eine Expertenmeinung mit These. Wenn ich es nun ganz exakt wissen möchte, muss ich (oder meine Krankenkasse) die entsprechende Röntgenuntersuchung in Auftrag geben. Punkt. Die Universität von Savoyen soll mal eben zehn Mann für einen Monat in den Harz schicken, um geologische und hydrologische Kartierungen durchzuführen, die Mikroklimadaten der letzten zwanzig Jahre auszuwerten und die (im übrigen ja nicht mal offengelegten - soviel zur wissenschaftlichen Arbeitsweise der Befürworter) Berechnungsgrundlagen von Montenius zu überprüfen? Kein Problem - wenn jemand dafür bezahlt. Als jemand, der selbst seit zehn Jahren in der Forschung tätig ist, ärgert es mich immer wieder, wenn der Eindruck vermittelt wird, eine Hochschule könnte doch mal eben gratis die Probleme irgendwelcher Unternehmen lösen - dies ist definitiv nicht der Fall. Was man sicher mal gratis bekommt, ist eine Expertenmeinung oder eben ein Thesenpapier. Wer alles ganz genau analysiert haben möchte, muss das dann eben auch finanzieren - im Grunde eine absolute Trivialität, die man im Hinblick auf die Wurmberg-Planungen ja aber offenbar trotzdem erläutern muss. Genau das wollte in Braunlage ja aber niemand, da schon zu Beginn des Planungsverfahrens feststand, dass diese und nur diese Investition die Wirtschaft des Ortes retten kann. Und wer will sich vor diesem Hintergrund schon eine abweichende Meinung anhören, sei es nun die von Frau de Jong oder die eines Experten von irgendeiner anderen Hochschule, die man mit einer Untersuchung hätte beauftragen können. In Schierke wird das hoffentlich anders - und besser - laufen.

Auch zum persönlichen Umgang mit Frau de Jong sei an dieser Stelle noch etwas angemerkt: Wie beleidigend, ehrabschneidend und frauenfeindlich in den letzten eineinhalb Jahren insbesondere hinter verschlossenen Türen auch und gerade durch einige politische Mandatsträger über diese Frau hergezogen wurde, nur weil sie einige nicht genehme Ansichten vertritt, ist eine ziemliche Schande. Es würde mir weder als Unternehmer noch als Kommunalpolitiker auch nur im Traum einfallen, mit einer derartigen Aggressivität gegen Menschen vorzugehen, die mein Geschäftsmodell oder meine politischen Ansichten in Frage stellen. Anstatt wieder und wieder nach möglichen Fehlern zu suchen, die man de Jong und anderen Kritikern triumphierend nachweisen kann, würde es sich doch viel mehr lohnen, sich einfach mal konstruktiv mit der Realität der ausgefallenen Bescheinung und der Frage auseinanderzusetzen, welche Strukturen man im Harz schaffen sollte, damit auch die nächste Generation in zehn oder fünfzehn Jahren hier noch vom Tourismus leben kann. Da die Beschneiungsanlage inzwischen gebaut und in Betrieb genommen wurde, sind die Ansichten irgendwelcher Kritiker inzwischen eigentlich ohnehin irrelevant geworden, da man ja nun nach jeder Saison problemlos Bilanz ziehen und sich anschauen kann, wie viele Beschneiungstage es denn nun wirklich geworden und wie viele Arbeitsplätze durch die Investition neu entstanden sind. Ich hoffe, dass der eine oder andere Projektbefürworter diese Bilanz nach dieser sowie auch nach den kommenden Saisons auch einmal ehrlich - und sei es nur für sich - ziehen wird.

Womit ich noch zu einem weiteren Punkt komme, der mich an den ganzen Diskussionen entsetzlich nervt: Kein Kritiker des Wurmberg-Projekts will - auch wenn uns das immer wieder unterstellt wird - den Tourismus im Harz kaputtmachen oder irgendwelchen Skifreunden den Spaß an ihrem Sport vermiesen. Ich bin selbst im Harz aufgewachsen, habe Freunde die vom Tourismus leben und bin seit Jahren in verschiedenen Projekten ehrenamtlich engagiert, die nichts anderes zum Ziel haben, als den Harz bzw. bestimmte Harzorte touristisch aufzuwerten. Frau de Jong ist selbst passionierte Skifahrerin und regelmäßig auf der Piste unterwegs. Die Feindbilder, die hier im Harz immer wieder aufgebaut werden, sind teilweise doch vollkommen absurd. Worum es den Kritikern geht ist letztendlich die Frage der Machbarkeit und Verhältnismäßigkeit. Wenn man sich anschaut, wie anderenorts der Schnee schon in tagelangen Einsätzen mit Helikoptern auf die Pisten geflogen wird, um irgendeinen internationalen Wettkampf doch noch retten zu können, muss man doch erkennen, dass die Verhältnismäßigkeit bei der Verteidigung des Wintersports gegen Wetter und Klima zumindest legitim in Zweifel gezogen werden kann. Kein Wurmberg-Kritiker profitiert in irgendeiner Weise davon, wenn Hotels im Harz Personal entlassen oder Gaststätten schließen müssen, insofern gibt es auch keinen Grund für uns, solche Zustände herbeizuwünschen. Ich habe durchaus auch ein persönliches und familiäres Interesse daran, dass in den Harz auch in zehn oder zwanzig Jahren noch Touristen kommen – und ich kenne keinen Kritiker, der das anders sieht. Dass man deshalb aber noch lange nicht jeden touristischen Belebungsplan unkritisch beklatschen muss (wie beispielsweise ein Eisstadion in Schierke mit fragwürdiger Auslastung und hohen laufenden Kosten), steht für mich völlig außer Frage. Wer schon länger im Harz lebt, wird sich sicher auch noch an all die Golfplatz- und Spaßbad-Pläne erinnern, die in den 90er Jahren den Harztourismus retten sollten, und unter deren finanziellen Folgewirkungen noch heute etliche Kommunen leiden.

Damit verabschiede ich mich erst mal für die nächsten Wochen aus dem Forum und überlasse das Feld der weiteren Diskussionen gerne dem Beobachter. Mich strengen die Debatten – sowohl hier als auch live in Wernigerode – inzwischen offen gesagt zu sehr an, als dass ich auf jeden Einwurf oder Angriff noch reagieren wollen würde. Der Wurmberg ist ausgebaut, die Anlagen sind betriebsbereit – nun wird letztendlich die Zeit zeigen, ob die Einwände der Kritiker berechtigt oder unberechtigt gewesen sind...

playjam

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #54 am: Januar 19, 2014, 04:16:13 Nachmittag »
@Sternengucker: Vielen Dank für die abschließenden Worte, die ich so im großen und ganzen sehr ähnlich sehe. Lediglich beim Thesenpapier von de Jong kann ich mich Deiner Meinung leider nicht anschließen. Für das Schierke-Projekt kann ich von meiner Seite anbieten, bereits vor der Veröffentlichung eines Thesenpapieres auf die kritischen Punkte hinzuweisen.

playjam

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #55 am: Januar 19, 2014, 05:39:02 Nachmittag »
Um endlich vom leidigen Thema de Jong weg zukommen und wie von Sternengucker angeregt zu einer gründlichen wissenschaftlichen fundierten Untersuchung der Frage "Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?" zu kommen, hier die Skitage vor Installation der Beschneiungsanlage am Wurmberg:

Winter01/0202/0303/0404/0505/0606/0707/0808/0909/10
Skitage78287563125112711687
Quelle: Beschneiungsanlage Wurmberg, Gutachten zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Projekts, Christoph Schrahe, Montenius Consult 2011 (landkreis-goslar.de)

Wie man sieht waren 7 von 9 Wintern "schlechte" Winter für den Wintersport am Wurmberg. Nach der 100-Tage Regel (7 von 10 Wintern mit mehr als 100 Skitage) wäre der Liftbetrieb am Wurmberg nicht rentabel zu betreiben. Nun gilt es zu untersuchen, ob eine Beschneiungsanlage für diesen Zeitraum zur Erfüllung der 100 Tage-Regel geführt hätte. Ausgehend von der Untersuchung kann eine Prognose für die best case/worst case Szenarien des IPCC AR4 (bzw. AR5) erfolgen, in dem die vorhandenen Temperaturwerte um die erwartete Erwärmung (bzw. Abkühlung) angepasst werden.

Pistenbully

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #56 am: Januar 19, 2014, 10:33:27 Nachmittag »
Nun gilt es zu untersuchen, ob eine Beschneiungsanlage für diesen Zeitraum zur Erfüllung der 100 Tage-Regel geführt hätte. Ausgehend von der Untersuchung kann eine Prognose für die best case/worst case Szenarien des IPCC AR4 (bzw. AR5) erfolgen, in dem die vorhandenen Temperaturwerte um die erwartete Erwärmung (bzw. Abkühlung) angepasst werden.

Wenn sich jemand die Fleißarbeit machen möchte - gerne. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es nicht um ein Zukunftsprojekt geht sondern die Beschneiungsanlage bereits installiert ist - egal was die Zukunft bringt.
Wichtig wäre es bei einer Erhebung, nicht nur die Tage mit beschneibaren Temperaturen zu erfassen sondern auch die Unterbrechungen durch Wärmeeinbrüche mit Regen zu berücksichtigen.

Max

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #57 am: Januar 20, 2014, 08:13:59 Vormittag »
Eine exzessive Investition in den Wintersport lohnt sich im Harz nicht mehr, weshalb es sinnvoller wäre, den Fokus auf die Entwicklung von Ganzjahresangeboten zu setzen.

Dieser Aussage kann ich sogar in gewisser Hinsicht zustimmen: Eine exzessive Investition in den Wintersport würde bis auf wenige Ausnahmen wahrscheinlich für kein Mittelgebirge lohnenswert sein. Beim Wurmberg Ausbau (übrigens auch beim Ausbau am Bocksberg) hingegen handelt es sich allerdings auch nicht ansatzweise um einen exzessiven Ausbau. Selbst wenn man behaupten würde, dass sich beide Skigebiete nach den jeweiligen Ausbaumaßnahmen auf dem Stand eines durchschnittlichen Mittelgebirge Skigebiet befinden, würde man vermutlich schon übertreiben. Ganz im Gegenteil, die Investitionen nach mehreren verschlafenen Jahrzehnten sind längst überfällig, wenn man in den kommenden Jahren überhaupt noch konkurrenzfähig bleiben möchte — vom vielzitierten "Gigantismus" kann man hier nun wirklich nicht sprechen.

Im übrigen gibt es auch nicht wenige, die tatsächlich exzessive Ausbaumaßnahmen — wie sie beispielsweise Jahr für Jahr in Winterberg umgesetzt werden — kritisch betrachten, wo modernste Sessellifte auf "Pisten" gesetzt werden, die nahezu überhaupt kein Gefälle haben. Im Harz hingegen wird lediglich auf die enorm langen Warteschlangen (= Nachfrage) reagiert, die sowohl im Winter, als auch im Sommer bereits jetzt problematisch ist / war und sehr viele Besucher von einer Reise in den Harz abgehalten hat, denn niemand möchte 1,5 Stunden am Lift anstehen. So gesehen kann man Teile der Ausbaumaßnahmen auch durchaus dem Sommertourismus zuschreiben, der davon auch profitieren wird.

Anstatt wieder und wieder nach möglichen Fehlern zu suchen, die man de Jong und anderen Kritikern triumphierend nachweisen kann, würde es sich doch viel mehr lohnen, sich einfach mal konstruktiv mit der Realität der ausgefallenen Bescheinung und der Frage auseinanderzusetzen, welche Strukturen man im Harz schaffen sollte, damit auch die nächste Generation in zehn oder fünfzehn Jahren hier noch vom Tourismus leben kann.

Das hat man die letzten 15 - 20 Jahre schon versucht — das Resultat: leerstehende, verfallene Gebäude, marode Hotels und Ferienwohnungen, schlechte Infrastruktur, heruntergekommene Ortsbilder, gescheiterte Existenzen und stark rückläufige Übernachtungszahlen. Man muss ganz ehrlich sein und zugeben, dass der sanfte Wandertourismus alleine ganz offensichtlich nicht ausreicht, um den Harz so aufzustellen, dass sich die Lage dort verbessert. Auch der alpine Wintersport alleine könnte das im übrigen nicht, aber man muss versuchen ein breites Angebot zu schaffen, dass zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter so attraktiv ist, dass Besucher sich dort wohlfühlen und gerne wiederkommen.

Dazu gehört im Winter ein anständiges und facettenreiches Wintersportangebot, im Sommer ein langes und gut ausgebautes Netz an Wanderwegen, hochwertige und vielseitige Gastronomie, Schlechtwetterangebote wie Eishallen oder Thermen, usw.

Man hat jetzt lange genug — zu lange? — alles auf eine Karte gesetzt und man sieht, dass es so nicht funktioniert.

Wenn man sich anschaut, wie anderenorts der Schnee schon in tagelangen Einsätzen mit Helikoptern auf die Pisten geflogen wird, um irgendeinen internationalen Wettkampf doch noch retten zu können, muss man doch erkennen, dass die Verhältnismäßigkeit bei der Verteidigung des Wintersports gegen Wetter und Klima zumindest legitim in Zweifel gezogen werden kann.

Großveranstaltungen, die bereits für Planung und Vorbereitung einen enormen finanziellen Aufwand erfordern, kann man hier m.M.n. nicht als Maßstab heranziehen. Natürlich ist es teilweise übertrieben, welcher Aufwand betrieben wird, damit die Veranstaltung witterungsunabhängig stattfinden kann, aber das gilt genauso für andere Sportarten auch. Nicht umsonst werden Fussballstadien inzwischen teilweise mit geschlossenen Dächern und Rasenheizung gebaut (sofern man es sich leisten kann), Schwimmwettkämpfe finden in beheizten Hallen statt, etc. — das sind aber glücklicherweise eher die Ausnahmen.


playjam

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #58 am: Januar 20, 2014, 06:43:44 Nachmittag »
Wenn sich jemand die Fleißarbeit machen möchte - gerne. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es nicht um ein Zukunftsprojekt geht sondern die Beschneiungsanlage bereits installiert ist - egal was die Zukunft bringt.
Wichtig wäre es bei einer Erhebung, nicht nur die Tage mit beschneibaren Temperaturen zu erfassen sondern auch die Unterbrechungen durch Wärmeeinbrüche mit Regen zu berücksichtigen.

Die Fleißarbeit mach ich gerne. Als Ergebnis stelle ich mir ein kleines Programm vor, welches mit den DWD Daten gefüttert werden kann und den Ansprüchen der Projektbefürworter und -kritiker genügt. Selbstverständlich kann man dieses Programm dann auch für andere Projekte verwenden, z.B. das Schierke Projekt.

Als erstes brauchen wir eine Berechnung der Feuchtkugektemperatur ind Abhängigkeit der Lufttemperatur und der rel. Luftfeuchtigkeit:
http://www.schweizer-fn.de/lueftung/feuchte/feuchte.php#feuchtktemp

Dein Hinweis auf Wärmeeinbrüche mit Regen ist sehr gut. Für das Abtauen der Schneedecke müssen wir wahrscheinlich den Taukoeffizient von Natur und Kunstschnee in Anhängigkeit der Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlagsmenge bestimmen. Wäre nett wenn jemand dazu etwas im Netz findet.


XXLRay

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Re: Schneesicherheit durch technische Beschneiung in Mittelgebirgen?
« Antwort #59 am: Januar 21, 2014, 07:13:14 Vormittag »
Also so ein Programm kann ich wohl auch (mit)schreiben. Vorzugsweise in Java. Ich kann aber auch andere Programmiersprachen wie C, C++ oder Skriptsprachen wie Perl, Shell, ...