Gestern war ich in einem Braunschweiger Sportgeschäft und habe folgendes zu Braunlage als alpiner Wintersportort und im allgemeinen vernommen:
- maximal 14 Tage Skibetrieb pro Saison
- völlig veraltete Lifte und Infrastruktur
- Stundenlanges Anstehen für wenige Sekunden Abfahrt
- wer in Braunlage sein Geschäft auf alpines Skifahren aufbaut, sei völlig bescheuert
- trübseliger Ort, gammlige Geschäfte, gammlige Unterkünfte
Die Person war das letzte Mal vor ca. 14 Jahren in Braunlage.
Nun könnte man jetzt die Kompetenz der Person in Frage stellen, da die Braunlager Gastronomen und Gastgeber sich sehr herausgeputzt haben - z.B. sehr sichtbar im Umfeld von Puppes oder Viktoria, und eigentlich nur die Schlepplifte Hexenwiese und Nordhang "alt" und die übrigen Aufstiegsanlagen Stand der Technik sind, auch sind die nur 14 Tage Skibetrieb seit der Modernisierung 2011 weit von der Realität entfernt.
Das wäre aber beschimpfen der eigenen Kundschaft. Vielmehr sehe ich das als Marketingversagen und zum Teil ein Ergebnis des Sparbetriebs der Beschneiungsanlage am Wurmberg nach der Corona-Pandemie.
Im größten Skigeschäft von Hannover hatte ich in den letzten Jahren ein ähnliche Meinungen gehört - nicht nur von Kunden.
Im Harz und Wurmberg Marketing geht etwas total schief. Multiplikatoren werden nicht gewonnen, es gibt keine aktive Werbung oder Anreize in den Geschäften. Und natürlich ist die Kritik der Fachleute bzgl. Beschneiung und Wartezeiten an Kassen in der absoluten Hauptsaisson am Wurmberg oder fehlende Gastronomie am Sonnenberg berechtigt. Leider kommt selten rüber, dass man wirkliche Klasse Alpin- und Skilanglauftage im Harz haben kann.
14 Tage Skibetrieb pro Saison wurden auch vor dem Umbau deutlich überschritten. Und "in wenigen Sekunden" kommt vom Gipfel niemand runter.
Aber was soll's, wenn alle wüssten wie schön es sein kann wäre es unerträglich voll...
Ich hatte auch am vergangenen Wochenende wieder ein Gespräch mit Freunden, mit denen wir schon häufiger gemeinsam in den Alpen unterwegs waren. Leider war auch dort die einhellige Meinung, dass die Winter inzwischen sehr kurz geworden sind und es sich am Wochenende wegen der langen Wartezeiten nicht lohne, nach Braunlage zu fahren. Viele von ihnen fahren daher gar nicht mehr dorthin, seitdem sie unter der Woche keine Zeit mehr haben.
Ich fürchte, bei vielen hat sich inzwischen ein insgesamt eher negativer Eindruck verfestigt – und ganz unberechtigt ist er ja auch nicht. Dabei ist es gerade vor Weihnachten und zum Ende der Saison oft sehr schön, vorausgesetzt natürlich, dass zu diesen Zeiten tatsächlich Skibetrieb möglich ist und die Anlagen schon / noch in Betrieb sind.
Zitat von: Max in 25 Sep 2025, 09:08Ich fürchte, bei vielen hat sich inzwischen ein insgesamt eher negativer Eindruck verfestigt – und ganz unberechtigt ist er ja auch nicht. Dabei ist es gerade vor Weihnachten und zum Ende der Saison oft sehr schön, vorausgesetzt natürlich, dass zu diesen Zeiten tatsächlich Skibetrieb möglich ist und die Anlagen schon / noch in Betrieb sind.
Ich stimme Max zu und höre in meinem Umfeld ähnliche Aussagen. Auch wenn in BRL vor 10-5 Jahren viel passiert ist, es reicht nicht um das angestaubte Image nachhaltig zu wandeln. Der Bonus der Skigebietsmodernisierung ist aufgebraucht, da jene im Vergleich zu den anderen starken Mittelgebirgsskigebieten lediglich als ein Anfang betrachtet werden konnte und letztlich nichts weiter passiert ist. Hinzu kommt, dass es in vielen anderen Orten im Oberharz weiterhin ziemlich mau ausschaut und das färbt negativ auf das gesamte Image des Harz ab.
Schaut Euch nur mal folgende Presseartikel an, die aus unterschiedlichen Regionen stammen. Seit Jahrzehnten gibt es eine Vielzahl ähnlicher Artikel Der Tenor ist einhellig negativ:
https://www.kreiszeitung.de/lokales/niedersachsen/fuerchtet-um-die-zukunft-urlaub-in-niedersachsen-tourismus-region-93726018.html#google_vignette
https://www.hna.de/niedersachsen/tourismus-region-fuerchtet-um-die-zukunft-urlaub-in-niedersachsen-93738632.html
https://www.landundforst.de/niedersachsen/region-goettingen-northeim-harz/tourismus-bricht-harz-ort-trotzt-trend-573381
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/zorge-im-harz-deutschland-altert-ein-dorf-kaempft-ums-ueberleben-a-1120656.html
Aktuell hat insbesondere dieser NDR-Doku dem Harz-Tourismus sehr geschadet:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ndrstory/Heimat-Harz-Wer-stoppt-den-Niedergang,sendung1531420.html
Auch die bundesweit in die Schlagzeilen geratenen Krisen der HSB und des Oberharzer Bergwerksmuseum tun ein Übriges.
Aber die Artikel sind leider vielfach berechtigt. Boomen tun nur Ilsenburg, Wernigerode und Quedlinburg.
Problem ist, dass die Presse mehr auf negative Schlagzeilen fokussiert als auf positive. Das hat psychologisch damit zu tun, dass unser Gehirn archaisch bedingt seine Aufmerksamkeit auf Gefahrenabwehr richtet, wozu alles negative gehört. Negatives bleibt besser in Erinnerung als positive Meldungen. Letztere sind häufig schnell vergessen, weshalb es fast aussichtslos ist, das Image des Harzes zu wandeln. Dafür müssten jahrelang enorme Marketinganstrengungen unternommen werden - und der Harz insgesamt zuvor sichtbar(!) gründlich modernisiert werden, was nicht zu erwarten ist. Man sieht es jedoch an den drei genannten positiven Boomorten.
Bad Harzburg ist auch am boomen und hat Braunlage m.M.n überholt. Braunlage hat einen Sprint hingelegt mit Hilfe vieler privater Investoren von Klein bis gross und Bad Harzburg hat ein Konzept und arbeitet mit vielen Firmen. Wir alle wissen, das in Braunlage eine Menge ungenutztes Potential liegt, aber zum Harz gehören halt viele Städte und selbst die zu Braunlage gehörenden zwei Orte haben sich nicht sonderlich positiv vom Stadtbild entwickelt - leider.