Autor Thema: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete  (Gelesen 70662 mal)

Michael Koch

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Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« am: September 06, 2012, 12:45:26 Nachmittag »
[Admin: Thema von hier verschoben]

Ich hab es ja schon mal gesagt: der Harz verfügt über eine große Naturschutzzone. Warum sind kleine Zentren für touristische Nutzungen nicht möglich, die auch eine Gestaltung benötigen.  ???

Wenn die Auswirkungen dieses Projekts auf den eigentlichen Berg beschränkt wären, dann würde mich dieses Projekt überhaupt nicht stören. Hier der Nationalpark, daneben die touristische Nutzung, aus meiner Sicht ist das kein Problem. Nun ist es aber so, dass die Wirkung einer großen Flutlicht-Anlage weit über den eigentlichen Berg hinausreicht. Im Umkreis von mindestens 10km wird etwas zerstört, was in unserer dicht besiedelten Landschaft leider Seltenheitswert hat: Ein wirklich dunkler Nachthimmel. Als Bewohner des Oberharzes ist euch das möglicherweise gar nicht bewusst, dass ihr dort einen besonders dunklen Himmel habt, weil das für euch völlig normal ist, oder weil ihr es nie mit andern Orten verglichen habt, oder weil es euch nicht interessiert. Man müsste schon ziemlich weit reisen, um in Deutschland einen Ort mit ähnlich dunklem Himmel zu finden (ca. 60km nördlich von Dresden). Durch dieses Projekt wird etwas zerstört werden, was es im weiten Umkreis nicht mehr gibt. Wegen eines Projekts, das kurzfristig Geld in die Kassen bringen soll. Das hat der Landrat ja klar und deutlich gesagt: Er plant für hier und heute. Da hätte nur noch gefehlt dass er hinzugefügt hätte "Und nach mir die Sintflut". Ich halte nichts von Politikern, die nur für hier und heute planen, ohne Blick in die Zukunft.
   
Michael

P.S. Ich möchte noch einen anderen Aspekt hinzufügen. Wenn man das Projekt ohne Flutlicht realisieren würde, oder wenn man für die Beleuchtung eine klar umrissene zeitliche Begrenzung festlegen würde, dann hätten die Touristen am Abend viel mehr Zeit ihr Geld in der örtlichen Gastronomie auszugeben.
« Letzte Änderung: September 06, 2012, 03:16:59 Nachmittag von playjam »

playjam

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #1 am: September 06, 2012, 01:43:13 Nachmittag »
Als Bewohner des Oberharzes ist euch das möglicherweise gar nicht bewusst, dass ihr dort einen besonders dunklen Himmel habt, weil das für euch völlig normal ist, oder weil ihr es nie mit andern Orten verglichen habt, oder weil es euch nicht interessiert. Man müsste schon ziemlich weit reisen, um in Deutschland einen Ort mit ähnlich dunklem Himmel zu finden (ca. 60km nördlich von Dresden). Durch dieses Projekt wird etwas zerstört werden, was es im weiten Umkreis nicht mehr gibt.

Ich bin selbst auch langjähriger "Sternengucker" und schaue mal häufiger mal weniger nach oben. Z.B. passe ich gerade eine Sternensoftware für ein bestimmtes Mobil-Telefon an: 



Man kann mich also als einigermaßen Sternenguck-infiziert bezeichnen.

Daher kann ich den Ärger über Lichtverschmutzung gut verstehen. Eine Pistenbeleuchtung läßt sich auch nicht so einfach austreten wie eine Straßenlaterne.

Ich halte aber überhaupt nichts davon, zu behaupten, eine zeitlich sehr eng begrenzte Beleuchtung würde den Nachthimmel zerstören.

Michael Koch

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #2 am: September 06, 2012, 01:57:23 Nachmittag »
Hallo,

Ich halte aber überhaupt nichts davon, zu behaupten, eine zeitlich sehr eng begrenzte Beleuchtung würde den Nachthimmel zerstören.

Gibt es denn irgendwelche verbindlichen Festlegungen, wie die Beleuchtung zeitlich begrenzt werden soll? Mir ist noch nichts derartiges bekannt. Wenn es keine verbindlichen Festlegungen gibt, dann gehe ich vom schlimmsten Fall aus: Wenn der letzte Skifahrer die Piste verlassen hat, dann wird die Piste für den nächsten Tag präpariert, und erst danach wird das Licht ausgeschaltet.
 
Michael

playjam

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #3 am: September 06, 2012, 02:11:19 Nachmittag »
Gibt es denn irgendwelche verbindlichen Festlegungen, wie die Beleuchtung zeitlich begrenzt werden soll?

Ja, klar. Wintersport-Gebiete sind kein rechtsfreier Raum.

Aus den UVP-Unterlagen "Flutlichtanlage Wurmberg", Wurmbergseilbahn GmbH & Co. KG, S.3:
Zitat
3.3 Betriebszeiten der Flutlichtanlage

Prinzipiell ist vorgesehen, die Flutlichtanlage während der gesamten Wintersaison zwischen
frühestens 01.12. jeden Jahres (abhängig vom tatsächlichen Beginn des Winterbetriebes)
und spätestens 31.03. jeden Jahres zu betreiben.
Dabei wird ein Betrieb von max. 3mal pro Woche angestrebt.
An diesen Tagen ist eine Betriebszeit bis 22:00 Uhr vorgesehen. Damit ist der letzte
Skifahrer um 22:30 Uhr bei den Parkplätzen angelangt und somit kann die Beleuchtung um
22:30 Uhr ausgeschaltet werden.
Ein gemeinsamer Betrieb der Flutlichtanlage mit der Beschneiungsanlage ist nicht
vorgesehen.

Eventuell gibt es mir noch unbekannte Absprachen aus den Gesprächen der Wurmberg Seilbahn mit dem Verein "Sternwarte St. Andreasberg".

Sternengucker

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #4 am: September 06, 2012, 02:30:18 Nachmittag »
Eventuell gibt es mir noch unbekannte Absprachen aus den Gesprächen der Wurmberg Seilbahn mit dem Verein "Sternwarte St. Andreasberg".

Nein, dies sind in der Tat die derzeit gültigen Beleuchtungszeiten. Das Projekt "Sternenpark Harz" dürfte sich damit zwar leider erledigt haben, allerdings bleiben über das Jahr natürlich noch genügend Tage, an denen man den Harzer Sternenhimmel genießen kann. Es drohen jedoch gleich zwei weitere Damoklesschwerter: Erstens hat die Stadtverwaltung auf Anfrage des Sternwartenvereins mitgeteilt, dass die Beleuchtungszeiten künftigen Änderungen unterliegen könnten, wenn der Betreiber dies beantragt und das Kommunalparlament es genehmigt. Dies bedeutet, dass eine Erweiterung der Betriebsstunden im Winter (ich vermute mal, dass dies allerdings weniger wahrscheinlich ist) sowie auch in andere Jahreszeiten hinein (Stichwort hierzu: Sommerrodelbahn, was ich ja eher befürchte) theoretisch leicht machbar wäre, man sich also auf die Zeiten nicht dauerhaft verlassen kann. Und zweitens - und hier wird es kniffelig - bedeutet eine beleuchtete Skipiste natürlich, dass andere Harzer Wintersportorte - ebenso wie bei der Kunstbeschneiung - bald nachziehen werden. Und wenn die wirtschaftlich denken, werden sie möglichst alle an anderen Tagen und zu anderen Uhrzeiten beleuchten, um sich nicht gegenseitig zu kannibalisieren...

Max

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #5 am: September 06, 2012, 02:40:32 Nachmittag »
Im Bereich des möglichen wäre es wahrscheinlich schon, ich gehe jedoch eher nicht davon aus, dass eine Sommerrodelbahn tatsächlich auch Abends so viele Besucher verzeichnet, dass es sich lohnen würde diese zu beleuchten.

Auch jetzt gibt es bereits Flutlichtbetrieb in St. Andreasberg und auf der Rathauswiese in Braunlage — jeweils am Mittwoch, Freitag und Samstag. Ich schätze, dass sich das Angebot ohnehin eher an die Einwohner im Umkreis des Harzes richtet, welche dann gezielt das Skigebiet ihrer Wahl aussuchen und eher unabhängig von den Öffnungszeiten hinfahren.

Michael Koch

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #6 am: September 06, 2012, 03:00:24 Nachmittag »
"Prinzipiell ist vorgesehen, ..."
"... wird angestrebt"
"... ist nicht vorgesehen"

Das sind doch alles schwammige Formulierungen, an die sich hinterher keiner gebunden fühlen wird. Im Klartext: Das Licht wird solange anbleiben, wie das Geschäft es erfordert.

Michael

Sternengucker

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #7 am: September 06, 2012, 03:10:16 Nachmittag »
Im Klartext: Das Licht wird solange anbleiben, wie das Geschäft es erfordert.

Fast. Das Licht wird - zumindest während der ersten Betriebswochen/-monate - tatsächlich nur zu diesen Zeiten geschaltet werden können, da die während der UVP festgelegten Rahmenbedinungen grundsätzlich bindend sind. Die Zeitvorgaben können allerdings durch spätere "Nachbeantragungen" immer wieder verändert werden, womit in der Tat die Befürchtung naheliegt, dass das Licht letztlich so lange anbleiben wird, wie dies wirtschaftlich sinnvoll ist (zumindest solange niemand Widerspruch einlegt oder klagt, was ja aber mit enormen Kosten verbunden ist).
« Letzte Änderung: September 06, 2012, 05:15:30 Nachmittag von playjam »

playjam

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #8 am: September 06, 2012, 03:20:42 Nachmittag »
[...] Und zweitens - und hier wird es kniffelig - bedeutet eine beleuchtete Skipiste natürlich, dass andere Harzer Wintersportorte - ebenso wie bei der Kunstbeschneiung - bald nachziehen werden. [...]

Ausser Hahnenklee/Bocksberg ist mir kein weiteres Skigebiet im Harz bekannt, welches den Flutlichtbetrieb ausbauen will. Die anderen Skigebiete können nicht (Nationalpark Harz), wollen nicht (da fein aber sehr klein) oder haben bereits eine Flutlichtanlage.

Michael Koch

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #9 am: September 06, 2012, 03:24:04 Nachmittag »
... allerdings bleiben über das Jahr natürlich noch genügend Tage, an denen man den Harzer Sternenhimmel genießen kann.

Die Flutlicht-Beleuchtung wird vorzugsweise an Wochenenden im Winter eingeschaltet werden. Das sind leider genau die Tage, an denen man in der geplanten St. Andreasberger Sternwarte Kindern und Jugendlichen den dunklen Sternenhimmel zeigen könnte. Denn im Winter wird es früh dunkel, und an Wochenenden haben die Leute Zeit für sowas.     

Michael
« Letzte Änderung: September 06, 2012, 05:15:39 Nachmittag von playjam »

playjam

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #10 am: September 06, 2012, 03:35:11 Nachmittag »
Denn im Winter wird es früh dunkel, und an Wochenenden haben die Leute Zeit für sowas.     

Im Winter steht die Luft ausserdem wesentlich stiller als im Sommer, die Beobachtungsqualität ist also besonders gut etc.

Andererseits: Der Mond ist der größte Lichtverschmutzer. Berge ziehen Wolken an, besonders der Harz. Das zu beobachtende Himmelsobjekt bestimmt die Beobachtungszeit. Ich hätte mir gewünscht, wenn man mit diesen Parametern im Hinterkopf von Seiten der Sternwarte eine Lösung angestrebt hätte. Vielleicht ist das irgendwann mal möglich.



Sternengucker

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #11 am: September 06, 2012, 03:36:02 Nachmittag »
@Michael: Genau das haben wir ja im Widerspruch der Sternwarte zum Bebauungsplan auch zum Ausdruck gebracht:

Zitat
Dass eine derartige Anlage voraussichtlich nur während der Wintermonate betrieben würde ist dabei nur von untergeordneter Bedeutung, da aufgrund der früh einsetzenden Dunkelheit gerade die Wintermonate für die Astronomie von besonderer Bedeutung sind. Insbesondere für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (es finden sich fünf Schullandheime in unmittelbarer Nähe), die ein Herzstück der Vereinstätigkeit darstellt, ist es unverzichtbar, auch am frühen Abend Beobachtungen anbieten zu können.

Aber es hat ja leider nicht viel gebracht...

@playjam: Andreasberg hat schon eine, Braunlage bekommt eine, Hahnenklee bekommt eine und Schierke bekommt möglicherweise auch noch eine. Macht vier Flutlichtanlage in einer Gegend, in der vorher nur eine eher kleine Anlage in Betrieb war. Aus meiner Sicht ist das durchaus als Verschlechterung zu betrachten. Und wer weiß, wer in einigen Jahren noch nachziehen will...


Sternengucker

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #12 am: September 06, 2012, 03:41:49 Nachmittag »
...und so großartig sieht er übrigens aus: Der von Lichtverschmutzung (derzeit noch) kaum beeinträchtigte Sternenhimmel über St. Andreasberg; aufgenommen vom Kölner Astrofotografen Dirk van Uden:


Michael Koch

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #13 am: September 06, 2012, 03:51:35 Nachmittag »
Andererseits: Der Mond ist der größte Lichtverschmutzer. Berge ziehen Wolken an, besonders der Harz. Das zu beobachtende Himmelsobjekt bestimmt die Beobachtungszeit. Ich hätte mir gewünscht, wenn man mit diesen Parametern im Hinterkopf von Seiten der Sternwarte eine Lösung angestrebt hätte. Vielleicht ist das irgendwann mal möglich.

Ich finde das ist ein guter Ansatz für einen Kompromiss: Solange der Mond am Himmel steht, oder solange dichte Bewölkung ohnehin jede astronomische Beobachtung verhindert, kann das Flutlicht eingeschaltet werden. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass der Betreiber an einem Kompromiss interessiert ist. Oder irre ich mich da? Falls du einen guten Draht zu ihm hast, leite diesen Kompromiss-Vorschlag doch bitte mal weiter.

Michael

P.S.
Das zu beobachtende Himmelsobjekt bestimmt die Beobachtungszeit.

Nein, das gilt nicht wenn man Kindern und Jugendlichen den Sternenhimmel zeigen will. Die Beobachtungszeit steht fest, und die Himmelsobjekte werden entsprechend ausgewählt.
« Letzte Änderung: September 06, 2012, 05:15:49 Nachmittag von playjam »

playjam

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Re: Lichtverschmutzung durch Harzer Skigebiete
« Antwort #14 am: September 06, 2012, 04:00:22 Nachmittag »
Und wer weiß, wer in einigen Jahren noch nachziehen will...

Systematisieren wir das etwas:

[ ] Altenau - Skihang "Auf der Rose"
[ ] Bad Lauterberg - Skihang "Heibek"
[X] Bad Sachsa - Ravensberg
[ ] Braunlage - Hasselkopf
[X] Braunlage - Skiwiese am Rathaus
[P] Braunlage - Wurmberg
[ ] Benneckenstein - Skihang
[ ] Clausthal-Zellerfeld - Skilift Spiegelthaler Straße
[P] Hahnenklee - Bocksberg
[ ] Hohegeiß - Skizentrum "Am Brande"
[ ] Osterode-Lerbach - Skihang "Mühlwiese"
[ ] Schierke 2000/Winterberg
[X] Schulenberg - Skialpinum
[-] St. Andreasberg - Sonnenberg (Nationalpark Harz)
[X] St. Andreasberg - Matthias-Schmidt-Berg
[X] Torfhaus - Skihang "Am Rinderkopf" (Flutlichtrodeln)
[ ] Werningerode - Skihang "Zwölfmorgental"

[X] = Vorhanden
[P] = geplant
[-] = nicht möglich
[ ] = nicht vorhanden

Wenn Du eine ernsthafte Einschränkung befürchtest, dann solltest Du mit den Betreibern dieser Skigebiete reden.