Um mal etwas aufzuklären:
Der tourismuspolitische Sprecher der Grünen hat behauptet, dass sich bei keinem der unter 1500m liegenden Skigebiete im "Aplenvorland" die Beschneiung rechnet. Ich wollte ein Beispiel und er nannte Mittenwald. Ich bin aus bestimmten Gründen (siehe viel weiter unten) nicht konkret erwidernd darauf eingegangen, doch Mittenwald ist ein sehr schlechtes Beispiel einer verfehlten lokalen Tourismuspolitik wie folgt:
Mittenwald ist primär ein Alpen-Sommerort und war noch nie ein relevanter Wintersportort - er liegt vielmehr in der Zange von Seefeld und Garmisch. Nun haben einige lokale Touristiker davon geträumt den Wintersport anzukurbeln und zu einem tollen Familien-Wintersportort zu werden. Das funktioniert aber nicht, weil die sonstige Infrastruktur nicht entsprechend spezifiziert ist und andere Orte dafür deutlich besser aufgestellt sind - z.B. Ehrwald, Ofterschwang, Reit, Oberstaufen. In der Tat sind die Skigebietsinvestitionen in Mittenwald verpufft.
Ofterschwang und Oberstaufen/Steibis zeigen jedoch, wie man es besser bzw. richtig macht. Orte/Skigebiete hingegen, die über kein klares und professionelles touristisches Profil verfügen, haben es schwer. z. Bsp. Bolsterlang, Nesselwang, Brauneck, Bay. Eisenstein, Pfronten. Gerade letzterer war bis in die 70er noch in der Top-Liga zusammen mit Oberstdorf und Garmisch - dann begann der Abstieg, weil sie dem Zeitgeist nicht mehr entsprechen konnten. Insbesondere zeigt sich immer wieder, dass vor allem kommunal betriebene Skigebiete Probleme haben. Das alles hat der grüne Tourismussprecher aber nicht angeführt und stattdessen pauschal, unsachlich und damit unzulässig verglichen, wie aus dem nachfolgenden Text ersichtlich wird.
Und der Bericht von Cramon über die Veranstaltung ist so einseitig wie erwartet. Kein einziger Hinweis auf die kontroverse Diskusssion, die dort stattgefunden hat. Kein einziges Argument der Projektbefürworter wurde erwähnt und in Relation zur eigenen Anschauung gesetzt. Das kann ich ändern:
Hier nun mein persönlicher Erfahrungsbericht der Veranstaltung mit V.v.Cramon:Nachdem die Dame ca. 30 Min. zu spät kam und ihren tourismuspolitischen Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion (Namen hab ich vergessen) als Verstärkung mit gebracht hatte, liessen sich die Beiden erst einmal von Dr. Knolle und einem Grünen (Kreisverband Goslar - Namen hab ich vergessen) den aktuellen Stand erläutern, vor allem deshalb (so Cramon) weil ihr Kollege die Harz-Situation noch gar nicht kenne und gern informiert werden würde. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass auch Cramon in Bezug auf Ihre nachfolgenden Statements von den Details wenig bis sehr wenig Kenntnisse hat. Ihr Part der gesamten Veranstaltung war mehr der einer "Anti-Projekt-Moderatorin" in der sich später einstellenden regen Diskusssion.
Die Veranstaltung kann man grob in drei Teile gliedern: 1. Statement von diversen Fachkundigen; 2. Diskussion zu den Statements und einen 3. Teil nach einem Standortwechsel, der eher in eine "diversifizierte Diskussion" abglitt.
Teil 1:
Den Anfang machten auf Aufforderung von Cramon ein Grüner vom Kreisverband Goslar und Dr. Knolle.
Der Kreisverbands-Grüne hat erfreulicherweise sehr sachlich die Fakten des Genehmigungsverfahrens ohne persönliche Bewertung präsentiert. Er war auch Mitglied des Planungsausschusses des Projektes. U.a. sagte er auf Bedenken Dritter hinsichtlich der angeblich nicht umweltverträglichen Wasserentnahme aus der Bode sehr sachlich, dass die Messungen ergeben hätten, dass man problemlos sogar vier Speicherteiche aus der Bode befüllen könne, was seinen Parteikollegen eher nicht gefiel. Die Sachlichkeit dieses Mannes verdient Respekt.
Ganz anders Dr. Knolle:
Er trug die Naturschutzbedenken in gewohnter Weise vor mit der entsprechenden Polemik und vermischte Aspekte, die nicht zusammengehören - hauptsache "dagegen". Er fasste die touristischen Folgen des Ausbaus mit "Ballermann" zusammen und fragte: "Wollen wir das?"
Der Grüne vom Kreisverband Goslar hingegen addierte nüchtern die Naturflächen des Harzes in Relation des Wintersport-Flächenanteil von nicht einmal 1% der Gesamtnaturfläche - und stellte sinngemäß die Frage in den Raum, ob es sich der Harz touristisch und naturschutztechnisch leisten könne, 1% dieser Flächen für den "Ski-Rummel" freizugeben?!
Seitens der Stadt waren der Stadtrat Westphal (SPD) - auch Organisator der vergangenen Skispringen - und der Grüne Stadtrat Krebs anwesend.
Der Grüne Stadtrat Krebs brachte seine Bedenken gegen die Zuschüsse der Stadt in finanziell angespanten Zeiten hervor und dass die Stadt dadurch auf Jahre keine Ressourcen für andere Projekte habe.
Der Stadtrat Westphal verteidigte das Projekt mit einigen touristischen Zahlen gegen Knolle.
Teil 2:
Nachdem ich mir alle Statements aufmerksam angehört habe, klinkte ich mich in die Diskussion ein und hab zunächst die bekannte Polemik von Knolle kritisiert, dass alpiner Skisport nichts mit "Ballermann" und "Rummel" zu tun habe - und um Sachlichkeit gebeten. Nur weil es mit Ischgl einen Extremort als Winterpendant zum Ballermann gebe, könne man dies nicht auf Braunlage übertragen. (Anm.: Vielleicht sind für Knolle die Besucher des Nacktrodelns ja die typischen alpinen Wintertouristen?!
)
Aus der Bevölkerung kam hinsichtlich meiner Rüge in Richtung Knolle einhelliger Zuspruch. Knolle wurde anschließend ruhiger und hat sich diesbezüglich zurückgehalten.
Anschließend habe ich das hier im Forum hinreichend angeführte vergleichende Zahlenwerk aus dem Sauerland, aber auch Arber und Feldberg genannt und meinen festen Glauben an den Erfolg des Skigebietes zum Ausdruck gebracht. Westphal war sichtlich erfreut, einen argumentativen Mitstreiter für das Projekt zu haben.
Dadurch konnte ich die Thematik auf die touristische Infrastruktur lenken, die fortan die Diskussion dominierte. Bringt die Beschneiung mehr Wintergäste oder bringen andere Sparten mehr Gäste?
Ich präsentierte das Plus von 30Ü in meinen eigenen Fewo, da Willingen jetzt im Schnitt 90 Tage Skibetrieb hat gegenüber 28 Tagen vor der Beschneiung.
Der grüne Tourismussprecher wendete ein, dass nirgends im "Voralpenland" eine Beschneiung ein "Mehr" an Gästen gebracht hätte - im Gegenteil, die Kommunen hätten sich finanziell meist übernommen. Ferner liege der Harz zu niedrig - da Studien in den Alpen belegen, dass Skigebiet unter 1500m keine Überlebenschance hätten. Ich fragte nach einem Beispiel und er nannte "Mittenwald".
Sofort kam von jemand Sachkundigem aus der Bevölkerung der Einwand, dass sich die Alpen nicht mit dem Harz vergleichen lassen. Ich ergänzte, dass in den Alpen ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb vorherrsche, da alle 10-20km ein kleineres Skigebiet der Mindestgröße Wurmberg exisitere, die es gegen die Giganten wirtschaftlich sehr schwer haben. In Norddeutschland wird jedoch der Wurmberg zur Nr. 1. und die anderen Skigebiete werden mittelfrsitige auch wegen der deutlich geringeren Höhenlage unineressanter. Stadtrat Westphal nannte zudem den klimatischen Vorteil des Harzes, dass 1000m Höhe im Harz 2000m Höhe in den Alpen entspreche.
Der Tourismusgrüne konterte noch mit dem Argument, dass die Beschneiung in St. Andreasberg und Hahenklee den Orten keine Übernachtungszuwächse gebracht hätten - im Gegenteil. Auch dieses Argument kann m.E. nicht vergleichend herangezogen werden. Nur die Top-Skigebiete der Mittelgebirge können viele Übernachtungen generieren - und der Wurmberg hat bei weiterem Ausbau das Potential dazu.
Hier konnten wir Befürworter dann argumentativ glaubwürdiger Punkten und es gab Zuspruch aus der Bevölkerung - außer bei Hardcoregegnern.
Ich und noch ein Bürger sagten, dass der Wurmberg ein enormes Potential für alle Skifahrer aus Norddeutschland, DK und NL habe - und dass der Harz bei einem weiteren Skigebietsausbau Richtung Schierke und am Westhang eine preiswerte Urlaubsalternative zu dem immer teurer werdenden Alpentourismus werden könnte, weil der Wurmberg im Gegensatz zum Sauerland deutlich bessere Klimatische Voraussetzungen erfüllt und die Topografie die attraktivsten Pisten nördlich von Arber und Feldberg ermöglicht.
Der Tourismusprecher argumentierte dagegen, dass im Ort Feldberg die Hoteliers nicht vom Skigebiet profitieren würden (stimmt sogar), sondern dass dort nur Massen von Tagesgästen kommen.
Ich verkniff mir dann das korrigierende Argument, um nicht zum Alleinredner zu werden.
Fakt ist jedoch, dass die Feldbergregion deshalb so wenig spezifische Skiübernachtungen generiert, da die tourismusrelevanten Orte 5-20km abseits des Feldberges liegen jener ferner zu nah an den Alpen liegt, um als attraktive Alternative dienen zu können, wie das im Sauerland für Holländer und in Oberwiesenthal für Ostdeutsche der Fall ist. Deshalb wird der Feldberg vorwiegend von Tagesgästen aus BW überschwemmt.
Ich merkte, dass der Grüne Tourismussprecher zwar die Probleme und Sorgen der deutschen Urlaubsgebiete kennt und damit befasst ist, doch die Ursachen sind sehr regionalspezifisch und er hat das nicht hinreichend differenziert.
Cramon hat mich diesbezüglich in meinem in Ihren Augen unzulässigen Vergleich mit dem Sauerland kritisiert, da dieses im Gegensatz zum Harz ein ungleich größeres Einzugsgebiet hätte. Ich erwiderte, dass der Harz über das drittbeste Einzugsgebiet von Mittelgebirgen nach Sauerland und Schwarzwald verfügt - und das ins Wurmberg-Skigebiet ja auch nur 8 Mio € investiert würden und nicht 80 Mio.€ wie im Sauerland. Die Relation sei also in Bezug zum Einzugsgebiet mehr als gewahrt und kein "Gigantismus", wie von den Gegnern unsachlich hervorgehoben.
Cramon wehrte sich, dass Sie nie von "Gigantismus" gesprochen hätte, worauf ich Ihr mit Blick in Richtung Knolle und Sternengucker widersprach, dass sich diese Vokabel wie ein roter Faden durch die Argumente der Gegner ziehe.
Im nächsten Diskussionsschritt wendeten Gegner ein, dass selbst wenn die Beschneiung und der Ausbau mehr Gäste anlocke, dies nur ein Strohfeuer sei und dass die Zahlen dann nach 3-5 Jahren wieder abrutschen. Und selbst wenn man in den nächsten 10 Jahren mit dem Skibetrieb Geld verdient, was passiert in Braunlage danach? Man müsse deshalb nachhaltigen Tourismus fördern und nicht das Skigebiet.
Ich brachte abermals das Beispiel Sauerland dagegen ein, dass man dort gleichwertig auf alle Sparten setze, um hohe Übernachtungszahlen zu generieren und den Status zu halten. Jede Einseitigkeit sei kein Mittel. Ich sagte, dass auch das Skigebiet kein Allheilmittel ist, sondern lediglich ein wichtiger Aspekt von vielen, die in Baunlage für eine bessere Tourismuswirtschaft ausgebaut werden müssen. Projektgegner konnte ich nicht überzeugen, sie sehen die Winter-Einseitigkeit als gegeben.
Hier kam der grüne Stadtrat Krebs in Spiel, der kritisch die Entscheidungsfindung und den Vergabeaspekt der stadtischen Zuschüsse anführte. Mit dem grünen Stadtrat habe ich mich im Anschluss noch angeregt unterhalten. Er ist nicht gegen das Projekt, sondern ihn hat die Herangehensweise der Politik geärgert. Er sorgt sich bei der finanziellen Haushaltslage der Stadt darum, dass zugunsten des Parkplatz wichtige andere Bereiche auf der Strecke bleiben.
Ich kann seinen Standpunkt schlüssig nachvollziehen, insbesondere wenn er argumentiert, dass wenn das Projekt gewinnbringend ist, warum muss die Stadt dann den Parkplatz finanzieren, da er keine ganzheitliche Jahresauslastung in Aussicht stellt und das schwächste Glied des Projektes ist. Die Refinanzierung ist seitens der Stadt auf 25 Jahre kalkuliert. Ein Kaffeehorstparkplatz kurbelt auch nicht den Gewerbeumsatz in Braunlage an, da voraussichtlich nur ein geringer Teil der zum Kaffeehorst geleiteten Ski-Tagesgäste noch einmal Après im Ort anhalten, wenn sie dort nochmal Parkgebühren entrichten müssen. Anders wäre das beim Seilbahnparkplatz im Ort. Zum Vergleich: In Winterberg werden 4000 Parkplätze vorwiegend von den Skiliftbetreibern in Eigenregie bewirtschaftet.
Über das Thema "Effizienter Einsatz von Öffentlichen Mitteln" wurde auch auf der Veranstaltung diskutiert, allerdings gab es da von den Projektgegenern wenig konstruktive Verwendungsalternativen, außer einer Fußgängerzone. Vom Stadtrat Westphal kam der Einwand des unzulässigen Vergleichs, da hier völlig unterschiedliche Geldtöpfe zuständig sind.
Ich sagte, dass man in Braunlage überall investieren müsse und Zuschüsse entsprechend fast überall sinnvoll geleistet werden könnten und dass es diesbezüglich 50 Mio € brauche - entscheidend sei für mich, dasss das Projekt Wurmberg zumindest ein sehr werbewirksames Projekt sei. Eine Fußgängerzone hingegen zieht keine Touristen an.
Knolle will den landschaftsschonenden Langlauf fördern, woraufhin ich eingewendet habe, dass dieser nachweislich touristischer Studien kein relevantes Mehr an Übernachtungen generieren könne.
Ich denke mal, dass ich in Teil 2 den größten Redebeitrag leistete, da ich auf die meisten Argumente der Gegner eingegangen bin und konsequent mit Fakten dagegen hielt.
Teil 3:
Nachdem wir sehr lange auf dem Kaffeehorstparkplatz diskutiert hatten, sind wir tatsächlich noch etwas gewandert (ganze 100m zur gerodeten neuen Piste) - schließlich war das Thema der Veranstaltung ja eine von Cramon geführte "Wanderung", welche den "Wahnsinn" dokumentieren sollte.
Da ich durch Einzelgespräche abgelenkt wurde, konnte ich der Diskussion nach dem Standortwechsel zunächst nicht folgen und als ich wieder präsent war, lag die Thematik einmal mehr bei den altbekannten Floskeln der Gegner. Umweltzerstörung, Ausbleiben von Sommergästen wegen Landschaftsverschandelung... etc.
Sternengucker brachte das Argument hervor, dass lt. Umfragen die meisten Gäste mit Abstand als Reisegrund für den Harz die schöne Natur und den NP angeben und dass Skifahren lediglich in der Rubrik "Sport allgemein" weit abgeschlagen rangiere. Ich wendete ein, dass dies natürlich stimme und immer der Sommertourismus ein deutlich höheres Potential habe (auch im Sauerland) - doch dass die Angaben der Harz-Touristen hinsichtlich des Ski-Sportinteresses so schlecht seinen, liegt am nicht adäquat vorhandenem Angebot. Wäre ein Top-Skigebiet vorhanden, würde die Interessenslage Skisport bei den Befragten viel höher ausfallen.
Der Tourismussprecher versuchte zum Ende hin die Subventionen für das Skigebiet/Parkplatz zu diskreditieren als rausgeschmissenes Geld.
Ich erläuterte darufhin den politischen Sinn von Subventionen zunächst vergleichend allgemein, dass damit stets ein politischer Anschub für eine gewollte Richtung geleistet wird. Dies sei auch für das Skigebiet gegeben und daher legitim und es sei eine Sache des politischen Willens, ob man dies fördern will oder nicht.
Ich wollte ihn blossstellen, dass er Subventionen mit zweierlei Maß beurteilt - gegen das Skigebiet. Ich sagte, die Erfahrung zeigt in fast allen Subventionssparten, dass durch Subventionen zunächst ein Anschub gelingt (was also potentiell auch für das Skigebiet spricht), fortwährende Subentionen sich dann jedoch oft in ihr Gegenteil verkehren und nicht selten zur Plage werden - Bsp. Immobilienabschreibung und Investitionszuschüsse in Ostdeutschland oder Landwirtschaft. Das für die Grünen relevante Beispiel, welches sie selbst initiiert haben ist die Subvention von Solar- und Windenergie. Die Subvention hat den Markt angekurbelt, doch wird die Subvention jetzt gekürzt oder abgeschafft, droht der künstlich aufgeblähte Markt zu kollabieren.
Die Subvention am Wurmberg kurbelt den Wintertourismus an - und ist zumindest deshalb aus subventionspolitischem Aspekt legitim. Ob sich das dann alles zur Zufriedenheit weiterentwickelt ist nicht absehbar, die das Beispiel Solarenergie zeigt...
Cramon moderierte anschließend noch eine Frage aus der Bevölkerung und erklärte die Veranstaltung dann mit einem obligatorischen Dankesschlusswort beeendet, da sie zum nächsten Termin müsse.