Ein interessanter Artikel aus "Boulevard Baden", einer Gratiszeitung in meiner Region Karlsruhe.
Nicht weit von Karlsruhe versucht Baden-Württemberg ja den "Nationalpark Nordschwarzwald" einzurichten. Das Thema wird in der Regionalpresse (z.B. Badische Neueste Nachrichten BNN, Badische Zeitung BZ, Schwarzwälder Bote) kontrovers diskutiert. Nationalparkgegner haben sich in der Organisation "
Unser Nordschwarzwald" formiert. Die haben sogar bereits Unterstützung von Gegnern des Nationalparks Harz. Sie sind aber nicht besonders gut aufgestellt, finde ich. Einerseits bietet die Website nur mäßige Info, und es fehlt ein Forum. Andererseits werden die Hauptprobleme (Ideologische Verblendung und mangelnde Kooperationsbereitschaft von NP-Verwaltungen, sinnlose Zerstörung von Infrastruktur im NP, Geldverschwendung für fragwürdige Projekte, willkürliche Gebiets- und Wegesperrungen, wiederholte Verbreitung von Falschinformationen in den Massenmedien usw.) zu schwach angeprangert und erreichen ihre Zielgruppe nicht. Und so wird es im Nordschwarzwald wohl in absehbarer Zeit zur nächsten Apokalypse auf Kosten des Steuerzahlers kommen. Nationalparks sind ja modern. Also braucht man einen, egal ob das Sinn macht oder nicht. Immerhin scheint man keine geschlossene NP-Fläche zu planen, sondern mehrere separate Flächen, wenn ich es richtig verstanden habe. Im Südschwarzwald funktionieren NP-ähnliche Restriktionen übrigens ohne Nationalpark, sondern auf Basis allgemeinen Naturschutzgebiets-Status. Wegen Sperrung einiger attraktiver Wanderwege ist Wandern für mich dort bereits mancherorts langweilig geworden. Gott sei Dank kann man in die Vogesen ausweichen.
Mit dem Nordschwarzwald trifft die Nationalparkidee eine Region, in der sich der Tourismus in einer noch schlechteren Situation befindet als im Harz. Nordschwarzwaldorte, in denen man ernsthaft Urlaub machen könnte, gibt es nur wenige. Der Tourismus im Nordschwarzwald war großenteils geprägt vom Kurtourismus der 1960er bis 1990er Jahre. Der ist quasi komplett weggebrochen. Und so sieht es dort heute auch aus. Mit dem Generationswechsel und Aussterben einer Rentnergeneration verlor der Nordschwarzwald viele Gäste. Einwohnerschwund, Hotelruinen und teilweiser Leerstand prägen das Bild vieler Orte im Nordschwarzwald. Durch die Täler des Nordschwarzwalds und vor allem über die Schwarzwaldhochstraße brüllen von April bis Oktober tagein, tagaus die Maschinen der Motorradfahrer und vertreiben Wanderer und Erholungssuchende. Verbliebene Single Trail-Wanderwege werden bis heute von den Forstverwaltungen des Nordschwarzwalds zu Forststraßen ausgebaut, woran auch ein NP nichts ändern wird. Überzeugenden Urlaubswert hat das alles nicht. Lohnende Ziele findet man nur punktuell. Und eigeninitiative Tourismusinitiativen, wie sie in den letzten Jahren im Harz angelaufen sind, gibt es im Nordschwarzwald bislang nicht.
Wenn man diesem brisanten Cocktail noch Totholzfelder, Wegsperrungen und weitere Restriktionen hinzufügt, dürfte sich das auf die Übernachtungszahlen des Nordschwarzwalds wohl kaum positiv auswirken. Aber das werden die politisch Verantwortlichen erst merken, wenn das Kind mit dem Bauch nach oben im Brunnen schwimmt. Trotz mahnender Beispiele wie NP Harz und NP Bayerischer Wald.