Volksstimme 22.7.16
Braunlager befürchten Nachteile
Entwicklung Winterberg und Wurmberg / Gegenwind für Kooperationsvertrag mit Wernigerode
Wernigerode und Braunlage
wollen einen Vertrag
über die Entwicklung an
Winterberg und Wurmberg
schließen. Doch in
Niedersachsen wird heft ig
über die Vereinbarung
diskutiert. Im zuständigen
Stadtratsausschuss
sollen nun die Unternehmen
zu Wort kommen.
Von Katrin Schröder
Wernigerode ● Der geplante
Vertrag zwischen Wernigerode
und Braunlage sorgt in der
niedersächsischen Harzstadt
für heftige Diskussionen. Während
der Wernigeröder Stadtrat
bereits im April dem Papier seinen
Segen gegeben hat, steht
der gleichlautende Beschluss
in Braunlage bis heute aus. In
dem Abkommen geht es um die
Zusammenarbeit bei den touristischen
Angeboten an Winterberg
und Wurmberg. Am
Winterberg sind eine Seilbahn,
Skipisten und Ganzjahresangebote
geplant.
Ende Juni hat der Braunlager
Stadtrat die Angelegenheit
wieder an den Ausschuss für
Wirtschaft, Tourismus, Kultur
und Freizeitgestaltung zurückverwiesen.
Der Grund: Dort
sollen die Vertreter der Unternehmen
gehört werden, die am
Wurmberg tätig sind. „Wir sind
der Meinung, dass die Anlieger,
die Gewerbetreibenden, einbezogen
werden sollen“, sagt
Albert Baumann, Vorsitzender
der CDU-Fraktion im Braunlager
Stadtrat, auf Volksstimme-
Nachfrage. Grundsätzlich steht
er der Vereinbarung kritisch
gegenüber. „Wir sind der Meinung,
dass es keinen Sinn hat,
einen Vertrag abzuschließen,
in dem ausschließlich die Vorteile
der anderen Seite geregelt
werden. Braunlage geht dabei
leer aus.“
Kampf bis aufs Messer
In der Stadt am Wurmberg werde
die Entwicklung in Schierke
sehr kritisch verfolgt – besonders
der Bau der Feuerstein-
Arena. Baumann erinnert
daran, dass das Braunlager Eisstadion
seit Jahren sechsstellige
Verluste einfahre. Durch den
Neubau in Schierke werde sich
die Situation nicht verbessern.
„Wir halten das nicht für sehr
nachbarschaftlich. Ein Konkurrenzkampf
bis aufs Messer
kann es nicht sein.“
Im Braunlager Rathaus verteidigt
man das Vorgehen. „Wir
sehen das entspannt“, sagt
Martina Peine, Kämmerin und
während des Urlaubs von Bürgermeister
Stefan Grote (SPD)
seine Vertreterin. Braunlage
entstehe durch den Abschluss
des Vertrags kein Schaden. „Es
ist lediglich eine Vereinbarung,
dass man miteinander spricht,
bevor sich etwas ändert“, so
Martina Peine. Diesen Vorteil
hätten beide Kommunen, betont
sie. „Deshalb verstehen
wir die teils heftigen Vorbehalte
und Reaktionen nicht.“
Zu erklären seien diese womöglich
damit, dass „in den
Vertrag Dinge hineininterpretiert
werden, die nichts
damit zu tun haben“, so Martina
Peine. Dazu gehöre eine
„Unzufriedenheit mit den unterschiedlichen
Fördermöglichkeiten
im einen und im
anderen Bundesland“. Dabei sei
klar, dass der Harz nur gemeinsam
vermarktet werden könne.
Es spreche nichts dagegen, die
Betriebe ins Verfahren einzubinden.
„Wenn konkrete Dinge
zu regeln sind, ist es ohnehin
selbstverständlich, die Akteure
an einen Tisch zu holen.“ Sie
rechnet damit, dass der Vertrag
nach der Sommerpause im
Ausschuss behandelt und im
September im Stadtrat auf die
Tagesordnung kommt.
Dass der Vertrag Sinn habe,
unterstreicht Andreas Meling,
Beauftragter der Wernigeröder
Stadtverwaltung für die Ortsentwicklung
in Schierke. „Die
Städte benötigen einen Vertrag,
um rechtssicher miteinander
verhandeln und Entwicklungen
abstimmen zu können“,
sagt er. Die Erfahrungen der
vergangenen 25 Jahre hätten
gezeigt, dass es eben an dieser
Abstimmung gemangelt habe.
Klare Wünsche an Firmen
Mit dem Vertrag würden die
Kommunen „einen gemeinsamen
Gestaltungswillen zum
Ausdruck bringen“, so Meling,
uns „sie formulieren klare
Wünsche“ in Richtung der
Unternehmen. „Es ist legitim,
dass die Städte, denen die Flächen
gehören, auf denen Geld
verdient wird, eine gewisse
Mitsprache haben, was dort in
welcher Qualität und Quantität
geschieht“, sagt Meling.
Zu den Gewerbetreibenden
am Wurmberg zählt neben den
Gastwirten Dirk Nüsse, Betreiber
der Wurmberg-Seilbahn.
„Für mich ist das ein Fehler der
Stadtverwaltung“, sagt er auf
Volksstimme-Nachfrage. „Der
Fairness halber“ sollten die Betriebe
beteiligt werden. „Das
erwarten wir.“ Am Vertragstext
hat er nichts auszusetzen.
Den Nutzen des Abkommens,
von dem er aus der Zeitung
erfahren hat, stellt er jedoch
in Frage. „Wenn wir eine gut
funktionierende Partnerschaft
haben, dann brauchen wir dafür
keinen Vertrag.“
Dazu müssten sich die Touristiker
auf beiden Seiten zusammensetzen.
Die Devise:
„Man sollte ansatzweise die
gleichen Grundlagen schaff en.“
Dazu gehöre eine einheitliche
Preisgestaltung bei Seilbahnen
und Angeboten am Berg.
„Alles, was wir auf dem Gipfel
anbieten, ist kostenfrei“, sagt
Nüsse zum Beispiel mit Blick
auf die Wassererlebniswelt am
Wurmberg. Er bezweifelt zwar,
dass sich kostenpfl ichtige Angebote
durchsetzen. Doch die
bisherigen Pläne für das Sommerangebot
am Winterberg gefallen
ihm. „Es ist schön, und
es ergänzt. Es ist etwas, was
wir nicht haben“, so sein Urteil.
„Der Vertrag ist eine Sache
der beiden Städte“, lässt Gerhard
Bürger, einer der Investoren
der Winterberg Schierke
GmbH, mitteilen. Die GmbH
lässt die Seilbahn am Winterberg
bauen.