Nachdem nun aber die Südseite bzw. Südostseite ausgebaut wird (jede Verhandlung mit dem NP über einen Flächentausch würde beide Projekte ja selbst im Erfolgsfalle auf Jahre verzögern), wäre dann ja aber eher nicht damit zu rechnen, dass man am Wurmberg bzw. am Winterberg auch in 20 Jahren noch ein konkurrenzfähiges Angebot aufrechterhalten kann – oder? Wäre es vor dem Hintergrund nicht sinnvoller, in den Sommertourismus bzw. in den schneeunabhängigen Wintertourismus zu investieren und damit Strukturen zu schaffen, die langfristigen Bestand haben können?
Es handelt sich hierbei, wie Du schon sagtest, um eine auf max. 20 Jahre ausgelegte Investitionsplanung, wobei es mit Sicherheit auch danach noch Winter und Schnee gibt und zur Zeit meiner Meinung nach noch immer nicht abschließend geklärt werden konnte, wie sich die Klimaveränderung letztlich auswirken wird. (Ich persönlich gehe beispielsweise davon aus, dass es langfristig eher wechselhafter bzw. extremer wird, was sowohl die Sommer als auch die Winter betrifft, so wie es sich zur Zeit auch schon stellenweise andeutet)
Es bedeutet jedoch nicht, dass alle Investitionen, die heute vorgenommen werden, dann exakt in 20 Jahren bedeutungslos werden - ich bin mir sicher, dass sie auch dann noch verwendet werden können um die Pistenbeschaffenheit in schneereichen Wintern zu optimieren, was letztlich auch weiterhin dazu führt, dass Wintersportgäste gerne in den Harz kommen. Nach wie vor ist das Hauptproblem, was mit der künstlichen Beschneiung in den Griff bekommen werden soll, nicht unbedingt zu hohe Temperaturen, sondern eher, dass es zeitweise zu wenig Niederschlag gibt und somit nicht die erforderliche Menge Schnee zur verfügung steht um einen optimalen Skibetrieb ohne eisige und somit gefährliche Stellen zu vermeiden.
Sofern man heute bereits damit beginnt auf wirtschaftlich sichere Investitionen komplett zu verzichten, weil sie in 20 Jahren eventuell nicht mehr ganz so rentabel sein werden, wie sie es zum aktuellen Zeitpunkt wären, dann sollte man komplett auf die Realisierung von Großprojekten in Deutschland verzichten.
Es gibt ja aber noch eine Vollausbaustufe, die, wenn ich mich richtig erinnere, letztlich auf etwa 102 Schneelanzen am Wurmberg hinausläuft, dazu kämen nochmal zwischen 60 und 80 Schneelanzen am Winterberg. Damit kämen wir auf beiden Seiten des Wurmbergs auf bis zu 200 Schneelanzen auf wie viel km Piste? Vielleicht 20? Da scheint mir im Vergleich mit anderen Skigebieten doch ein ziemliches Missverhältnis vorzuliegen – oder nicht?
Nein. Ich fahre jedes Jahr über den Jahreswechsel in das Zillertal und dort bin ich nicht selten in einem kleineren Familienskigebiet am Spieljoch unterwegs, welches auch nur 21 Pistenkilometer hat und mit mehr als 100 Schneelanzen und 3 Schneekanonen wirbt, wobei der obere Teil der Pisten nicht auf Kunstschnee angewiesen ist, da er hoch genug gelegen ist. Dementsprechend würde ich die Anzahl der vorgesehenen Schneelanzen eher als durchschnittlich betrachten.
„Investieren bis es der Klimawandel nicht mehr zulässt“ hat zumindest mit meinem Verständnis von nachhaltigem Tourismus eher wenig zu tun. Immerhin scheint man ja aber erkannt zu haben, dass man sich perspektivisch schon mal auf die Zeit nach dem Wintertourismus einstellen muss und investiert auch in reine Sommerangebote…
Ich glaube, dass manitou damit nicht meinte, dass die Sauerländer einfach so lange weiter investieren bis dort kein Schnee mehr liegen bleibt, sondern eher nur so lange, wie es sich wirtschaftlich rechnet. Da zur Zeit eine sehr große Nachfrage besteht und viel Überschuss erwirtschaftet werden kann, ist es nur richtig diesen auch wieder zu reinvestieren um ggf. noch bessere Bedingungen zu schaffen. Sollte es irgendwann nicht mehr möglich sein den Skigetrieb jährlich so lange aufrecht zu erhalten wie heute, so kommen dementsprechend auch weniger Gäste und es bleibt natürlich nicht mehr so viel übrig, was man direkt wieder verwenden könnte um neue Pisten zu erschließen oder Liftanlagen zu bauen. Im wesentlichen nutzen die Sauerländer also die aktuell gute Situation und ruhen sich nicht — wie beispielsweise der Harz — auf einer bestehenden Infrastruktur Jahrzehnte lang aus, nur um dann zu bemerken, dass man nicht mehr wettbewerbsfähig ist und die Gäste anderswo ihren Urlaub verbringen.
Es geht hier gar nicht darum rücksichtslos und auf Teufel komm' raus alles Platt zu machen und mit Kunstschnee zu berieseln, sondern viel mehr zunächst einmal ein halbwegs zeitgemäßes Angebot zu schaffen, was für die nächsten mindestens 10 Jahre erst einmal den Betrieb sicher stellen sollte. Wie gesagt, ich gehe stark davon aus, dass es auch nach 2030 hier bei uns noch Winter und auch Schnee geben wird. Ähnlich wie diesen Sommer wahrscheinlich mal mehr und mal weniger bzw. eher wechselhaft, aber es wird ihn immernoch geben und auch wenn dann vielleicht keine 100 oder gar 120 Betriebstage / Winter drin sind, sondern in schlechten Jahren nur noch 60 oder 80, so sollte sich die jetzige Investition bis dahin längst gerechnet haben und man könnte seinen Gästen nach wie vor Wintersport anbieten.
Abgesehen davon investieren viele Harzer Orte zur Zeit auch in den Sommertourismus zum einen weil sie müssen, um auch zu dieser Jahreszeit besser ausgelastet zu sein und zum anderen, weil sich inzwischen sicherlich auch herumgesprochen hat, dass man mit Hochseilgärten, Sommerrodelbahnen oder Mountainbikeparks Gäste für sich gewinnen kann — noch wichtiger vielleicht: junge Gäste, die den Harz jetzt für sich entdecken und aufgrund dieser Angebote vielleicht nicht mehr ganz so sehr den Eindruck bekommen, dass es dort oben langweilig und nur für ältere Gäste interessant sei.
Damit besteht also auch der Auffassung zumindest einiger Forenschreiber hier die realistische Chance, dass das Winterberg-Skigebiet innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate umgesetzt werden kann – und solange diese Möglichkeit noch im Raum steht, sollte man auf eine länderübergreifende UVP nicht verzichten, selbst wenn es den Braunlager Ausbau marginal verzögern würde. Wäre es dagegen absehbar, dass das Winterberg-Gebiet erst in 10 Jahren kommt – wie playjam ja vermutet hatte – hätte sich zumindest diese Forderung der Umweltverbände ja erst mal erledigt…
Möglich wäre das sicherlich schon, aber die bisherigen Signale und Planungen deuten nicht unbedingt auf eine zeitnahe Lösung bzw. eine konkrete Absicht hin und ohne einen festgelegten Zeitplan bzw. nicht einmal konkrete Ansätze sollte man das Projekt am Wurmberg nicht gefährden.
Prof. de Jong bezeichnet diese Art des Ausbaus als das „Disneyland“-Konzept: Überall werden in Rekordzeit die gleichen Attraktionen aus dem Boden gestampft, hochtechnisch, ohne Anpassung an die spezifischen Geländegegebenheiten und hochkomfortabel auf die Bedürfnisse der Zielgruppe der Gelegenheitsskifahrer ausgerichtet. Auf so eine Entwicklung kann der Harz meines Erachtens nach verzichten…
Diese Art der Projektplanung halte auch ich nicht unbedingt für sinnvoll, zumal man damit ggf. auch Chancen im wahrsten Sinne des Wortes verbauen kann. Ein natürlich in die Landschaft eingefügter und an die Gegebenheiten angepasster Speicherteich kann beispielsweise auch im Sommer genutzt werden, während eine schnell geplante Lösung wahrscheinlich nicht besonders einzigartig und attraktiv ist. Auch dieser Aspekt würde eher gegen eine überhastete Umsetzung der Schierker Pläne sprechen.
Bei allem Verständnis sollte man nicht vergessen, dass es neben dem Wintersport noch sehr viele andere Freizeitbeschäftigungen gibt, die insgesamt eher kritisch zu betrachten wären. Wie es viele hier im Forum wahrscheinlich bestätigen werden, betreiben die meisten Wintersportler ihren Sport mit viel Hingabe und nehmen sehr viel dafür in Kauf ihn so häufig wie möglich ausüben zu können.
Ähnlich wie viele Menschen, die sich jeden Sommer in das Flugzeug setzen um für ein paar Wochen ans Meer zu fliegen, freuen wir uns schon früh auf den Winter und versuchen so lange es möglich ist Zeit im Schnee zu verbringen. Sofern nahegelegene Angebote, wie es sie im Harz oder Sauerland gibt, nicht mehr ausreichen, habe ich auch kein Problem damit alleine oder zu zweit für ein verlängertes Wochenende mit dem Auto in die Alpen oder für einen Tag in die Skihalle zu fahren.
Auch das ist alles andere als gut für die Umwelt, aber damit müssen Umweltschutzverbände langfristig leben, sofern nahe liegende Angebote verhindert, verzögert oder soweit eingeschränkt werden, dass sie schon wieder nicht mehr interessant sind.
Ein (Aus-)Bau von Skigebieten im Harz ohne Beleuchtung, um den klaren Nachthimmel jeden Abend zu erhalten, ohne künstliche Beschneiung im Hinblick auf den Wasserhaushalt, ohne Verbreiterung oder Erschließung neuer Pisten aus Rücksicht auf Fichten und eventuell mit Verzicht auf optisch störende Sessellifte würde im Prinzip nichts anderes bedeuten, als dass man die Skigebiete am Wurm- und Winterberg so belassen würde wie sie sind — nicht existent resp. nicht mehr zeitgemäß und überlastet.