Autor Thema: Zweitwohnungssteuer Braunlage  (Gelesen 10512 mal)

skiborder

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Zweitwohnungssteuer Braunlage
« am: November 21, 2021, 11:51:00 Vormittag »
Moin,
habe gerade den Zweitwohnungssteuerbescheid bekommen. Abgaben steigen von 230€ auf 625€. Da nimmt sich die Stadt mal wieder einen großen Schluck aus der Pulle.
17,6% Steuersatz sind auch bundesweit mit die höchsten Sätze.

Hat sich jemand schon einmal erfolgreich dagegen gewehrt? Wir nutzen die Wohnung nicht selbst, aber die Stadt will nicht anerkennen, dass wir eine reine Kapitalanlage betrieben.

playjam

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #1 am: November 21, 2021, 01:01:35 Nachmittag »
Moin,
habe gerade den Zweitwohnungssteuerbescheid bekommen. Abgaben steigen von 230€ auf 625€. Da nimmt sich die Stadt mal wieder einen großen Schluck aus der Pulle.
17,6% Steuersatz sind auch bundesweit mit die höchsten Sätze.

Hat sich jemand schon einmal erfolgreich dagegen gewehrt? Wir nutzen die Wohnung nicht selbst, aber die Stadt will nicht anerkennen, dass wir eine reine Kapitalanlage betrieben.

Wir haben den Bescheid für 2020 und 2021 in einem Schreiben erhalten und das hat bei mir auch erst einmal ein Preisschock ausgelöst, weil der Betrag mehr als doppelt so hoch war wie sonst. Es hat ein paar Sekunden gedauert, bis ich gesehen habe, dass zwei Jahre in Rechnung gestellt wurden.

Bei selbst organisierter Vermietung kann man die Zweitwohnungssteuer maximal auf 50% senken, wenn man mehr als 150 Tage vermietet (siehe Nutzungsfaktor). Wir sind unter 150 Tage gelandet und haben daher 75% statt 50% zahlen müssen.

Im Vergleich zu was die Wohnung im Betrieb kostet ist der Unterschied eher Taschengeld, aber ich kann die Verärgerung bei den privaten Ferienwohnungsvermietern nachvollziehen: Angeordnete Betriebsschließung ohne Entschädigung und dann noch wegen des Nutzungsfaktors höhere Zweitwohnungssteuer zahlen müssen.

manitou

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #2 am: November 21, 2021, 04:55:28 Nachmittag »
Die Messlatte für die Zweitwohnsitzsteuer ist im Harz Irrsinn.

Ich habe zurückliegend in 2011 schon mal ein Essay verfasst und an die Stadt Braunlage gesandt.
http://skifahren-im-harz.de/img/mani/zweitwohnsitzsteuer-braunlage.pdf

In Willingen beträgt die ZwSt. 10% der Jahresmiete - bei professioneller Vermietung wird sie nicht erhoben. In Oberstorf zahlt man bei professioneller Vermietung 30% der ZwSt. (20% des Jahresmietwertes) bei 8 Wochen Eigenbelegungsrecht.

Ob die Bemessung in BRL so rechtens ist, möchte ich fast bezweifeln, da praktisch kaum jemand die Chance hat, eine 50%ige Befreiung zu erlangen. Den Grund liefern die eigenen Daten der Stadt Braunlage:
https://alr-niedersachsen.de/sites/default/files/2020-01/Braunlage_TourismusMarketing.pdf

2018 hatte Braunlage Gesamt (inkl. St.A /Hohegeis) lt. offizieller Statistik (Betriebe >10 Betten) 1.315.939Ü bei 13.228 Betten, was einen Belegungsschnitt von 99,48 Nächten ergibt.
2018 hatte selbst Braunlage Stadt lt. offizieller Statistik (Betriebe >10 Betten) 801.348Ü bei 6.523 Betten, was einen Belegungsschnitt von 122,85 Nächten ergibt.

Die Messlatte für eine 50% ZwSt.-Ermäßigung hängt mit 150 Belegnächten folglich so hoch, dass sie realistisch nicht zu erreichen ist, wenn der Durchschnitt aller professionellen Herbergen (Betriebe >10 Betten) sie nicht einmal erreichen.
Eine Fewo, die mehr als den Belegungsdurchschnitt erzielt, muss man m.E. als Wirtschaftsbetrieb mit Gewinnerzielung ansehen, d.h. als ein Objekt zur reinen Kapitalanlage, da hohe Auslastungen nur dann erzielt werden können, wenn das Objekt zu allen Hochsaisonzeiten vermietet werden kann.

Die niedergeschriebene Bemessungsgrundlage gemäß §3 Abs. 4 der ZwSt-Satzung BRL hinsichtlich des Nutzungsfaktors ist m.E. bei einer Fewo mit Gewinnerzielungsabsicht als Kapitalanlage (Nutzungsfaktor 0) dann gegeben, wenn eine Belegung von > der Durchschnittsbelegung erzielt wird. Man kann hier auch die damalige Praxis in CLZ und Gemeinde Oberharz heranziehen (siehe mein Essay). Wenn Profis nicht mehr Herausholen können (und die agieren ja nach Kapitalertragsabsicht), dann darf dan m.e. auch nicht von einer Fewo erwartet werden.

Ich nehme an, dass Ihr in BRL auch alle noch zusätzlich Fremdenverkehrsabgabe zahlen müsst - richtig?

Gemeinden argumentieren hinsichtlich der ZwSt. damit, dasss solche Wohnungen/Bewohner ja nichts zum kommunalen Steueraufkommen beitragen. Eine Fewo mit überdurchschnittlicher Belegung trägt auf jeden Fall erheblich zum Bruttosozialproduktes des Ferienortes und damit auch zum Steueraufkommen bei.
 
Playjam: Wie ist es bei Dir? berechnet Dir die Stadt ZwSt. nur auf eine Fewo oder auf alle? Es darf eigentlich nur eine sein, weil Du nicht mehrere Fewos gleichzeitig bewohnen kannst.

Wer eine Rechtschutzversicherung hat, könnte die Sache ja mal durchklagen...

playjam

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #3 am: November 21, 2021, 05:48:35 Nachmittag »
Playjam: Wie ist es bei Dir? berechnet Dir die Stadt ZwSt. nur auf eine Fewo oder auf alle? Es darf eigentlich nur eine sein, weil Du nicht mehrere Fewos gleichzeitig bewohnen kannst.

Die Stadt berechnet nur die erste Wohnung als Zweitwohnung. Die 150+ Tage Belegung sind für uns normalerweise nicht ungewöhnlich, nur bei einem schlechten Winter und gleichzeitig schlechten Sommer kaum erreichbar. Der Unterschied 50% oder 75% sind bei uns ca. 150 Euro, für einen Moment ärgerlich aber nicht der langen Rede wert.

Die Kurtaxe macht einen wesentlich höheren Kostenpunkt aus (hohe 3-stellige Beträge pro Monat). Da die neue BTG Chefin aber einen sehr guten Job macht, geht das für mich OK.

Dann gibt es noch die Tourismusabgabe, die jeder vom Tourismus profitierende Betrieb zahlen muss. Hier werde ich mal nachfragen, warum ich als Privatvermieter zahlen muss, da ich ja nicht-gewerblich vermiete. Aber auch hier ist der Betrag so niedrig, dass es sich bisher nicht gelohnt hat, länger darüber nachzudenken.

Mit der Grundsteuer verdient die Stadt Braunlage auch noch ein wenig an unseren Ferienwohnungen. Hier gibt es ja die Umstellung auf ein neues System. Ich bin gespannt, wieviel billiger es wird  ;D.

Zu guter Letzt zahlt man als Zweitbewohner die Jahreskurtaxe, natürlich für die ganze Familie. Als das Hallenbad damit noch kostenfrei war, habe ich die Kurtaxe-Jahreskarte geliebt. Mit der 50% Regelung haben wir irgendwie aufgehört in Braunlage schwimmen zu gehen und die Jahreskarte läuft für mich unter "kleines Ärgernis". Ich würde mir wünschen, dass das Schwimmbad wieder mit bezahlter Kurtaxe kostenfrei wird.
« Letzte Änderung: November 21, 2021, 07:16:26 Nachmittag von playjam »

manitou

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #4 am: November 21, 2021, 09:40:39 Nachmittag »
Zu guter Letzt zahlt man als Zweitbewohner die Jahreskurtaxe, natürlich für die ganze Familie.
ist die Jahreskurtaxe Pflicht oder freiwillig - und wie hoch ist die Gebühr in BRL.

In Willingen ist sie für Fewo-Eigentümer freiwillig - sie kostet 75€ (= 30 Tage). Da ist Bus & Bahn im Sauerland mit drin und bei fast allen Einrichtungen gibt es 0,5 - 1€ Ermäßigung.   

playjam

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #5 am: November 22, 2021, 06:07:18 Vormittag »
Zu guter Letzt zahlt man als Zweitbewohner die Jahreskurtaxe, natürlich für die ganze Familie.
ist die Jahreskurtaxe Pflicht oder freiwillig - und wie hoch ist die Gebühr in BRL.

In Willingen ist sie für Fewo-Eigentümer freiwillig - sie kostet 75€ (= 30 Tage). Da ist Bus & Bahn im Sauerland mit drin und bei fast allen Einrichtungen gibt es 0,5 - 1€ Ermäßigung.

Ich meine, für mindestens eine Person ist die Jahreskurtaxe Pflicht, zumindest habe ich das nie hinterfragt. Die genaue Gebühr habe ich nicht im Kopf, dürfte aber auch ähnlich wie in Willingen sein. Auch das Konzept ist ähnlich zu Willingen. Seit zwei Jahren beinhaltet die Kurkarte auch das Hatix-Ticket, mit dem man im Harz kostenfrei Bus und Straßenbahn fahren kann. Man kriegt auch ein Coupon-Heftchen mit dem man fast überall Ermäßigung kriegt.

Falkenstein

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #6 am: November 22, 2021, 08:45:27 Nachmittag »
Ja die Jahreskurkarte ist meiner Ansicht nach Pflicht, ich meine die kostet 69.- Euro pro Jahr/Person und wird mit der Grundsteuer eingezogen. (Vielleicht gibt es Ausnahmen, wenn man definitiv die Wohnung nicht selbst nutzt oder nutzen kann)
Fährt die Partnerin oder Kinder mit in die FeWo sind diese auch anzumelden.
Ganz kurios wird’s bei der Zweitwohnungssteuer, wenn man als Ehepaar eine Wohnung oder Haus erwirbt, dann zahlen nämlich beide die Steuer.
Das einzigste Mittel dagegen ist evtl. eine Vermietung über eine Agentur, wo man selbst keinen Einfluss mehr hat wann man selbst die Wohnung nutzen kann.
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playjam

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #7 am: November 23, 2021, 11:43:33 Vormittag »
[...]
Das einzigste Mittel dagegen ist evtl. eine Vermietung über eine Agentur, wo man selbst keinen Einfluss mehr hat wann man selbst die Wohnung nutzen kann.

Agenturen nehmen ca. 20% vom Umsatz als Provision, d.h. nur um die Zweitwohnungssteuer zu umgehen macht das finanziell keinen Sinn.


skiborder

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #8 am: November 29, 2021, 12:07:36 Nachmittag »
Ja die Jahreskurkarte ist meiner Ansicht nach Pflicht, [...]

Ich schreibe jedes Jahr an die Verwaltung, dass ich die Wohnung nicht nutze und keine Übernachtung in BRL hatte, dann bekomme ich die Kurkarten ersetzt, bzw. muss nichts zahlen.

Interessant finde ich auch die Berechnung der ZwSt. Da gibt es noch Lagefaktor/Objektfaktor/Baujahr, alles Worte, die in der Verordnung gar nicht auftauchen.

playjam

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #9 am: November 29, 2021, 01:40:25 Nachmittag »
Interessant finde ich auch die Berechnung der ZwSt. Da gibt es noch Lagefaktor/Objektfaktor/Baujahr, alles Worte, die in der Verordnung gar nicht auftauchen.

War mir auch neu, bzw. vorher nicht aufgefallen. Eventuell hängt das mit der Grundsteuerreform zusammen.

skiborder

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #10 am: Februar 19, 2024, 08:23:10 Nachmittag »
Laut Goslarsche wurde erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig gegen die Zweitwohnungssteuer geklagt.
Hat da jemand mehr Infos? (Z.B. Aktenzeichen)

Max

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #11 am: Februar 20, 2024, 06:50:38 Vormittag »
Laut Goslarsche wurde erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig gegen die Zweitwohnungssteuer geklagt.
Hat da jemand mehr Infos? (Z.B. Aktenzeichen)

Leider nicht, aber würde mich auch interessieren.

skiborder

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #12 am: Februar 20, 2024, 11:30:17 Vormittag »
Ich habe hier etwas aus Clausthal vom letzten Jahr gefunden: https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/593ad063-88ff-46b6-94cf-04fc85e685c5
Gericht     VG Braunschweig
Datum     21.06.2023
Aktenzeichen     8 A 284/21
Entscheidungsform     Urteil
Referenz     WKRS 2023, 29976
ECLI     ECLI:DE:VGBRAUN:2023:0621.8A284.21.00

Max

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #13 am: Februar 21, 2024, 06:29:01 Vormittag »
Den Artikel darf ich hier leider nicht einstellen, aber zusammenfassend ist es wohl so, dass die Kläger den Mietspiegel, welcher von der Stadt Braunlage zur Berechnung der Steuer herangezogen hat, bemängelt haben, da es hier keine Unterscheidung zwischen der Lage der Immobilien und teils wohl auch der Ausstattungen gab, sodass der kalkulierte Wert nicht i.O. ist und der Stadt nahegelegt wurde, diesen Wert künftig zu korrigieren, um weitere Urteile zu vermeiden.

Ganz konkret wurde wohl für alle FeWos ein fiktiver Mietspiegel aus der Kernstadt Braunlage auch für die Ortsteile St. Andreasberg und Hohegeiß verwendet.

STS

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Re: Zweitwohnungssteuer Braunlage
« Antwort #14 am: Februar 21, 2024, 08:17:43 Vormittag »
Goslar ist da schlauer, es wird gewichtet nach Stadtteil, Baujahr und Wertigkeit der Immobilie. Hahnenklee ist natürlich am teuersten...